• Ausgabe 5-6 / 2015

    FAMILIE LEBT

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Unsere Themen im Jahr 2015

Top-Thema in Kirche und Gesellschaft

Ein Ausblick auf die vom 4. bis 25. Oktober 2015 stattfindende Synode von Kathpress-Chefredakteur Paul Wuthe

 

2015 wird ein entscheidendes Jahr im Pontifikat von Papst Franziskus und für die katholische Kirche. Diese Einschätzung ist von vielen kirchlichen Verantwortungsträgern und Beobachtern oft zu hören – und für die meisten gilt die Familiensynode dafür als die Nagelprobe schlechthin. „Schuld“ an dieser Erwartungshaltung ist eigentlich der Papst selbst: Mit seinen schon fast sprichwörtlichen Überraschungen hat er dafür gesorgt, dass sich die Bischofssynode nicht – wie ursprünglich geplant – mit anthropologischen und bioethischen Spezialfragen, sondern umfassend mit Ehe und Familie befasst.

 

Mit der Wahl des Themas beweist Franziskus einmal mehr Lebensnähe und Mut: Er weiß aufgrund seiner seelsorglichen Erfahrung, wie sehr Glanz und Elend einer Biografie mit einem ge- oder missglückten Familienleben zusammenhängen und wie stark Ehe und Familie nicht nur von der persönlichen Verantwortung, sondern vom Verhalten anderer und von gesellschaftlichen sowie wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängen. Die Kirche soll sich wie ein Feldlazarett um die Verwundeten kümmern, sagt der Papst immer wieder. Und es ist anzunehmen, dass er dabei an Straßenkinder ohne Eltern und Familie, an Kindersoldaten und jugendliche Drogenkriminelle, an verkaufte und missbrauchte junge Frauen genauso denkt wie an Aids-Waisen, Scheidungskinder, Wohlstandsverwahrloste, vereinsamte Singles und hilflose Alte.

 

Erfolgsgeschichte der Menschheit

An diesen wenigen Beispielen wird deutlich, wie sehr das Leben zur Hölle auf Erden werden kann, wenn die Familie ausfällt, und gleichzeitig zeigt sich, wie oft gerade eine intakte Familie Menschen nicht nur vor dem Schlimmsten bewahrt, sondern zu einem erfüllten Leben führen kann. Von daher erweist sich – wie auch Kardinal Christoph Schönborn immer wieder betont – Familie als die Erfolgsgeschichte der Menschheit und als das Überlebensnetzwerk der Zukunft schlechthin. Wenn Papst Franziskus die Familie also zum Top-Thema seines Pontifikats macht, so geht es ihm nicht um irgendein Orchideenthema, sondern um das, was für alle weltweit lebenswichtig war, ist und bleiben wird.

 

Doppelsynode und neue Offenheit

Der hohe Stellenwert von Familie für Kirche und Welt zeigt sich auch in der Methode: Mit gleich zwei Versammlungen der Bischofssynode, eine davon im vergangenen Herbst und die zweite heuer ein Jahr später, will der Papst das Thema in aller Breite zur Sprache bringen. „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ lautet der Titel für die Bischofsversammlung vom 4. bis 25. Oktober – nicht gerade reißerisch, dafür aber sehr umfassend.

 

Bemerkenswert ist der Umstand, dass er dieses Thema der Bischofssynode anvertraut. Diese war von Papst Paul VI. 1965 noch vor dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils als selbstständiges und permanentes Organ errichtet worden. Es drückt die gemeinsame Verantwortung der Bischöfe für die Weltkirche aus.

 

Dieser Kernauftrag soll auf Betreiben von Papst Franziskus wieder stärker zum Ausdruck kommen. Er wertet die Bischofssynode aber auch dadurch auf, dass er ihre Arbeitsweise ändert. Neu sind beispielsweise die auf Wunsch des Papstes durchzuführenden Befragungen unter möglichst breiter Einbeziehung der Basis. Die österreichischen Bischöfe unterstützten diese Vorgabe ausdrücklich und so konnten die Diözesen vor über einem Jahr innerhalb von nur wenigen Wochen die im internationalen Vergleich sehr hohe Anzahl von rund 34.000 Rückmeldungen zum Thema sammeln.

 

Neu war auch die Vorgabe des Papstes an die Synodenteilnehmer, bei der Sitzung nicht Stellungnahmen zu verlesen, sondern möglichst frei zu reden. Dass es dabei ziemlich heiß herging, war nicht nur am Ringen um den Zwischen- und Endbericht abzulesen. Zudem wurden die verschiedenen Aspekte des Generalthemas thematisch gebündelt, wobei auch Laien als Experten zu Wort kamen.

 

Bischöfe unterstützen Papst-Kurs

Österreich war bei der Synode im vergangenen Oktober durch Kardinal Christoph Schönborn stark und hörbar vertreten. Dort plädierte der Kardinal für eine differenzierte Bewertung der verschiedenen Realisierungsgrade des christlichen Ehe- und Familienideals. Demnach könne man in den Teilverwirklichungen der sakramentalen Gestalt der Ehe auch vielfältige „Elemente der Wahrheit und Heiligung“ erkennen. Einen ähnlichen „theologischen Schlüssel“ habe die Kirche schon beim Konzil in ihren Aussagen über das Verhältnis zu den anderen christlichen Konfessionen verwendet.

 

Und wie bewerten die österreichischen Bischöfe den bisherigen Verlauf der Synode? Nach Einschätzung der Bischöfe habe sich die „vom Papst gewollte Haltung der liebevollen Begleitung von Familien und von Menschen auf ihrem Weg zu einer christlichen Ehe“ durchgesetzt. „Ausdrücklich begrüßt“ wird von den Bischöfen die Entscheidung des Papstes, dass die Diskussion über wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle weitergehen soll. Insgesamt habe die erste Etappe der Familiensynoden „vieles differenziert und entkrampft“.

 

Wie geht es weiter und welche Ergebnisse können erwartet werden? Viel hängt davon ab, was die Teilnehmer selbst einbringen werden. Die Österreichische Bischofskonferenz hat als ihren Vertreter dafür den Feldkircher Bischof Benno Elbs gewählt. Daneben wird auch diesmal wieder Kardinal Schönborn als Mitglied des vatikanischen Synodenrates dabei sein.

 

Entscheidend wird aber sein, wie stark die Synode von einem gemeinsamen Ringen um die Wahrheit und einem geistlichen Prozess getragen sein wird. Nach einer ersten Phase des Hinschauens auf die realen Verhältnisse geht es jetzt und bei der kommenden Synode um eine Klärung und Unterscheidung der Geister. Als Ziel hat Papst Franziskus festgehalten, dass im Blick auf Familien „konkrete Lösungen für alle Schwierigkeiten und die unzähligen Herausforderungen zu finden“ sind. Damit dies gelingen kann, dürfe es nicht zu einer „feindlichen Erstarrung“ oder einer „falschen Barmherzigkeit“ in der Kirche kommen, so der Papst am Ende der ersten Etappe.

 

Blick auf Jesus Christus

Wie könnte der theologische Ausweg dafür aussehen? Vielleich ist er in den jetzt vorliegenden Leitlinien („Lineamenta“) für die nächste Synode zu finden. Dort heißt es, dass bei allen Fragen der Blick fest auf Jesus Christus zu richten ist. „Jesus hat mit Liebe und Zärtlichkeit auf die Männer und Frauen geblickt, die ihm begegneten; als er die Erfordernisse des Gottesreiches verkündete, hat er ihre Schritte mit Wahrheit, Geduld und Barmherzigkeit begleitet“ (Nr. 12). Die „göttliche Pädagogik“ kenne „verschiedene Grade“ und einen „dynamischen Prozess von Stufe zu Stufe“, führt das Dokument weiter aus und verbindet diesen Ansatz mit dem „Erfordernis einer pastoralen Begleitung“ in unterschiedlichen Lebenssituationen.

 

Die nächste Synodenversammlung wird zeigen, ob auf diesem Weg die von Papst Franziskus erhofften „konkreten Lösungen“ gefunden werden können. Vielleicht ist das – ebenfalls überraschend angekündigte – Heilige Jahr ein Hinweis, wie der Weg aus Sicht des Papstes weitergehen kann: Das Heilige Jahr steht ganz im Zeichen der „Barmherzigkeit“ und beginnt wenige Wochen nach Ende der Familiensynode am 8. Dezember, auf den Tag genau 50 Jahre nach dem feierlichen Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils – jenes Konzils, das den Papst geprägt hat und an dessen Umsetzung Franziskus gelegen ist.

 

Paul Wuthe

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