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Wege zur Versöhnung

Kinder trauern anders

Unsere Serie zum "Jahr der Barmherzigkeit"

Wie tröstet man Kinder "richtig"? Wie helfen Eltern ihnen durch Zeiten der Trauer? Ein miteinander-Interview mit der Grazer Psychologin Monika Specht-Tomann.

 

Zuletzt erschien von Ihnen das Buch "Trauernden Kindern Halt geben". Wie entstand die Idee zu diesem Buch?

 

Im Vorgängerbuch "Wenn Kinder traurig sind" ging es um Trauer in allen möglichen Lebenssituationen von Kindern. Im jetzigen geht es speziell um die Trauer nach einem Todesfall, also das, was wir Erwachsene unter Trauer verstehen. Ich habe relativ viel zum Thema Erwachsenentrauer gearbeitet, auch im Hospiz an den Sterbebetten bei Begleitsituationen. Und dabei ist mir schon vor Jahren aufgefallen, dass man Kindertrauer nicht wirklich wahrnimmt. Vielfach versucht man, Kinder von traurigen Situationen fernzuhalten. Wenn dem so ist, ist es für die Kinder, wenn sie erwachsen sind, schwierig, richtige Modelle des Trauerns zu finden. Das hat mich beflügelt, Kindertrauer speziell anzuschauen.

 

Was zeichnet Kindertrauer im Besonderen aus? Woran erkennt man sie?

 

Bei Kindern können Verhaltensweisen, die aus der Sicht eines Erwachsenen wenig mit Trauer zu tun haben, ein Zeichen von Trauer sein. Wenn man ein Kind zum Begräbnis mitnimmt, kann es ganz betroffen sein und weinen. Im nächsten Moment springt es herum und freut sich. Bei Erwachsenen ist die Trauer wie ein Strom, in den sie hineintauchen. Bei Kindern kann man sich Trauer wie eine Pfütze vorstellen: Sie hüpfen von einer Pfütze in die andere, verhalten sich dazwischen aber ganz normal. Kindertrauer hat viele Gesichter, lachen, weinen und zornig sein können da parallel laufen. Manche Kinder machen in ihrer Entwicklung Rückschritte, wenn sie trauern, und Verhaltensweisen, die sie schon beherrschen, wieder "verlernen". Das ist temporär, für viele Eltern aber schwierig: Warum nässt mein Kind wieder ein? Warum traut sich mein Kind in der Dunkelheit nicht mehr hinaus? Das sind Dinge, die bei einem schweren Verlust wieder auftauchen können.

 

Wie kann man ein Kind in Phasen der Trauer unterstützen?

 

Das hängt vom Alter ab. Je kleiner das Kind ist, desto stärker muss das Angebot der körperlichen Nähe sein. Rituale sind bei Kindern ganz wichtig. Es gibt sehr viel Sicherheit, wenn ihnen jeden Tag das gleiche Einschlaflied vorgesungen und die gleiche Geschichte vorgelesen wird. Diese Rituale müssen in Zeiten der Trauer verstärkt werden. Wichtig ist, dass sie einen Menschen haben, der es aushält, dass ein Kind nicht immer nur lustig ist. Es hängt auch stark davon ab, um welchen Verlust es sich handelt. Je näher dieser dem eigenen Lebensumfeld steht, desto gravierender ist es für das Kind. Wenn die Mutter stirbt, ist das für ein Kind schlimmer, als wenn die Oma stirbt, die das Kind vielleicht nur einmal im Jahr gesehen hat.

 

Welche Unterschiede gibt es zwischen der Trauer eines Kindes und der eines Jugendlichen?

 

Ab der Pubertät durchschreiten Jugendliche dieselben Stationen beim Trauerprozess wie Erwachsene. Das geht vom "Nicht-wahrhaben- Können" bis hin zur Akzeptanz, dass jemand verstorben ist. Die Ausdrucksformen sind sehr individuell: Es kann sein, dass der Jugendliche sich total zurückzieht, oder auch, dass er extrem viel ausgeht und sich schrill kleidet. Bei Jugendlichen ist die Orientierung an Gleichaltrigen wichtig, die sie dazu ermutigen, ihr Leben weiterzuleben. Das müssen Eltern ein Stück weit akzeptieren.

 

Das Interview führte Udo Seelhofer

 

Dr. Monika Specht-Tomann, promovierte Psychologin und Physiotherapeutin, ist Autorin von Büchern zu den Themen Sterben, Tod, Trauer, Schmerz sowie Kinderängste. Sie hat vier Kinder und lebt mit ihrer Familie in Graz.

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2016 | Ausgabe Oktober/November

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