Mag. Lukas Cioni
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miteinander-Magazin
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Eine Lebenswende steht ins Haus. Denn während ich diese Zeilen schreibe, warten wir auf die Geburt unseres vierten Kindes. Es gibt wohl kaum etwas, das das eigene Leben schöner und totaler wendet als die Geburt eines Kindes. Doch nicht alle Lebenswenden kündigen sich mit dem Schrei des Neugeborenen an. Die meisten kommen unverhofft und unerwartet. Es müssen dabei gewiss nicht immer Schicksalsschläge sein – auch der Jobwechsel, die Pensionierung oder die sich plötzlich einstellende Gewissheit, einer bestimmten Berufung folgen zu müssen, kann neue Wege aufzeigen.
Doch nicht selten verbinden sich mit Lebenswenden auch Ängste. Wo das Leben aus der gewohnten Bahn gekickt wird, dort bricht nämlich eine Gewissheit ins Leben hinein, die wir sonst gern verdrängen: die Tatsache der Unverfügbarkeit unseres Lebens. So sehr wir es auch wollen oder es uns einreden mögen: Wir sind nie alleiniger Herr im eigenen Lebenshaus. Es ist wohl diese Offenheit des Horizonts, die ängstigt.
„Nicht selten verbinden sich mit Lebenswenden auch Ängste. Der Glaube kann ein Lotse durch diese Irrungen und Wirrungen des Lebens sein.“
Der biblische Glaube kann ein Lotse durch diese Irrungen und Wirrungen sein. Denn er bietet eine Rahmenerzählung, in der Gott als Herr der Geschichte die Grenzen setzt Dabei duldet das Christentum keinen falschen Trost: Weltflucht ist ihm fremd. Vielmehr verweist der Glaube, indem er an das an Lebenswenden überreiche Leben Jesu erinnert – ein Leben vom Zimmermann zum Wanderprediger, zum Gotteslästerer und schließlich zum Gekreuzigten –, zurück in die Welt. Erlösung wird erst am Ende der Zeiten in Aussicht gestellt.
Zurück in die Welt, wo meine Frau sich durch die Endphase der Schwangerschaft quält und die älteste Tochter entwaffnend direkt ihre eigenen Ängste auf den Punkt bringt. „Ich will nicht, dass sich etwas ändert.“ Sie spürt die anstehende familiäre Lebenswende. An uns liegt es, sie davon zu überzeugen, dass sich viel Leben, Liebe und Schönheit zeigen kann, wenn man mit offenen Armen begrüßt, was das Leben wendet.