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Editorials aus dem "miteinander"

Was die Sehnsucht stillt

Von Chefredakteur Henning Klingen

 

Sonntagmorgen. Frühstück. Die Kinder fordern Brote, Kakao und Eier ein. Bevor meine Frau und ich nur einen Bissen gegessen haben, sieht der Tisch aus wie ein Schlachtfeld. Es wird gekichert, gestritten, einander lauthals überboten. Eine einzige große Familienlärmkulisse. Was fehlt, ist Stille. Wenn sie sich zwischendurch mal einstellt, weil gerade gekaut oder getrunken
wird, sorgt das gleich für Irritation. „Warum sagt denn keiner was?“, fragt die Älteste und
schaltet das Radio ein, aus dem ein einheitlicher musikalischer Rhythmus-Brei quillt. Tatsächlich ist es mit der Ruhe so eine Sache. Denn stellen wir uns die Szene einmal so vor: vier Kinder, die ruhig am Tisch sitzen, einander durch höfliches Kopfnicken zu erkennen geben, was sie gern essen wollen. Das wäre nicht nur ungewöhnlich, das wäre irgendwie „falsch“, man würde gleich nach dem Haken daran suchen.


Rear view of young woman admiring the sunset over a field from her balcony

Die Stille bleibt ein Sehnsuchtswert. Denn sobald sie sich irgendwie und irgendwann mal erfüllt, erfüllt sie wiederum nicht ganz, spürt man ein neuerliches Verlangen nach anderem, vielleicht gar nach lärmendem Leben. Das gilt auch in der Religion. Wenn dort zwischen Ruhe und Stille unterschieden wird, meint das: Stille mag partiell erreichbar sein. Ruhe jedoch hat eine andere Qualität: „Unruhig ist mein Herz, bis es ruht in dir, oh Gott“, wusste bereits Augustinus. Die innere Unruhe ist die der metaphysischen Heimatlosigkeit, der Pilgerschaft in Permanenz – um es etwas theologisch überhöht zu sagen. Die Zeit trägt das Versprechen, in Gottes Hand zu liegen. Und doch giert der religiös musikalische Mensch danach, dass Gott dieses Versprechen
einmal einlöst, dass er das rastlose Herz zur Ruhe kommen lässt, dass die Stille des Karsamstags in die gewissheitssatte Ruhe des Ostersonntags mündet.

 

„Leise und beschaulich wie die verkitschten Krippenszenen dürfte

es in der Realität kaum gewesen sein.

Eher turbulent und laut.“

 

Zurück zum Frühstückstisch. Da spielen Ruhe oder Religion keine Rolle. Da geht’s Mann gegen Mann bzw. Kind gegen Kind im Kampf um die knusprigste Semmel. Ich stelle mir vor, wie es bei der Jungfamilie aus Nazareth zugegangen ist, in der schließlich nicht nur Jesus, sondern auch seine biblisch erwähnten Geschwister lebten. Leise und beschaulich wie die verkitschten Krippenszenen dürfte es in der Realität kaum gewesen sein. Eher turbulent und laut. Und so war unsere Sehnsucht nach Ruhe Jesus vielleicht gar nicht so fremd. Tauchen Sie also gut ein in diese kommende, angeblich „stillste Zeit des Jahres“, den Advent und die Weihnachtstage. Und seien Sie gewiss: In Ihrer Sehnsucht nach Ruhe sind sie nicht allein.

 

Henning Klingen

 

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