• Ausgabe 5-6 / 2015

    FAMILIE LEBT

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Unsere Themen im Jahr 2015

"Um Himmelswillen"!

Welchen Sinn hat eine Ordensform wie die der Ordensleute, die sich "Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen" nennt?

 

„Ehelose“ aus unterschiedlichen Gründen gibt es viele: Alleinstehende, Verlassene, Singles aus Überzeugung, Paare, die ohne Trauschein zusammenleben. Welchen Sinn – um Himmelswillen! – hat aber eine Lebensform wie die der Ordensleute, die sich „Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“ nennt? Und hat auch dieser „evangelische Rat“ eine Bedeutung für Menschen, die nicht zölibatär leben wie katholische Priester und Ordensleute?


Ein Netz an guten Beziehungen
Der Zusatz „um des Himmelreiches willen“ ist entscheidend für diese Art der Ehelosigkeit.
Er besagt, dass durch sie dem Wirken Gottes Raum geschaffen werden soll, damit diese Welt im Sinne Gottes verwandelt wird. Um Christi willen ehelos lebende Menschen sind und bleiben aber Menschen aus Fleisch und Blut. Sie haben ihre Sexualität nicht „auf Eis gelegt“. Wenn ein solches Leben gelingt, dann setzt da vielmehr ein Mensch seine Liebeskraft ganz und entschieden für die Einpflanzung einer Kultur des Lebens und der
Liebe ein. Um dies trotz des Verzichts, der freilich damit verbunden ist, gesund leben zu
können, braucht es allerdings ein Netz von guten Beziehungen, die Nähe und Begegnung
in der Tiefe zulassen.


Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ist eine Berufung und eine Gnadengabe Gottes,
die Gott einigen im Hinblick auf den Aufbau der Kirche und ihr Zeugnis gibt. Während die christliche Ehe das Geheimnis der Liebe zwischen Christus und der Kirche sowie die Berufung des Menschen zur Gemeinschaft sichtbar macht (vgl. Eph 5,25-32), stellt die Ehelosigkeit ins Zentrum, dass kein Mensch die Sehnsucht des Menschen ganz erfüllen kann. Vielmehr bleibt – so hat es der heilige Augustinus formuliert – unser Herz unruhig, bis es ruht in Gott.


Der evangelische Rat der Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen könnte also übertragen auf alle Getauften heißen: Abschied nehmen von der Vorstellung, dass ein (sterblicher und zerbrechlicher) Mensch der absolute Sinn meines Lebens und auch dafür verantwortlich ist, dass mein Leben erfüllt ist.


Freude an der Lebensform
Da geht es dann z. B. darum, Menschen „sie selbst“ sein zu lassen und auch die fremden Seiten des Partners, der Partnerin, der Kinder und Kindeskinder auszuhalten. Es ist zuweilen nötig und dann auch befreiend, Pläne mit Kindern loszulassen und sie ihren eigenen Weg gehen zu lassen. Den Orden fehlt bei uns heute oft der „Nachwuchs“, und manches muss deshalb aufgegeben werden. Auch diese durchaus schmerzliche Wirklichkeit gilt es, im Geist der Ehelosigkeit gelassen leben zu lernen und die Freude an der eigenen Lebensform deswegen nicht zu verlieren.


Für mein Leben in Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen bin ich dankbar für Mitschwestern und andere Weggefährten und Weggefährtinnen, für alle guten und tiefen
Beziehungen. Mit den Worten von Dietrich Bonhoeffer darf ich dabei die Erfahrung machen, dass es ein erfülltes Leben trotz unerfüllter Wünsche gibt – auch im Bereich von
Partnerschaft und Sexualität.


                                                                                                 Sr. Anneliese Herzig MSsR

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