Mag. Lukas Cioni
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„Wo ist Gott?“ – Fragen wie diese haben Martin Hochedlinger schon lange umgetrieben. Vorgestoßen war er zu ihnen nicht etwa durch Meditation, es war vielmehr sein beruflicher Alltag als Polizist, der ihn sensibilisiert hat für die großen Fragen: „Warum so viel Gottlosigkeit? Was ist der Sinn des Lebens?“
Nach eingehender Prüfung kam der 40-Jährige schließlich zu dem Entschluss, eine berufliche Kehrtwende zu vollziehen, dem Ruf zu folgen und ins Priesterseminar der Diözese St. Pölten einzutreten. Im vergangenen Herbst schloss der aus der Mostviertler Pfarre Neustadl/Donau stammende Hochedlinger schließlich sein Theologiestudium ab. Gläubig sei er immer schon gewesen. Er war Ministrant, sang im Kirchenchor und engagierte sich als Kirchenblattausträger in seiner Heimatpfarre. Als er jedoch seine Lehre als Einzelhandelskaufmann begann, habe er mehr Freude an Disco- als an Kirchenbesuchen gehabt, bekennt er. Es begann ein bewegter Lebensweg – „Gott sei Dank“ habe ihn sein Glaube schließlich wieder zur Kirche zurückgeführt.
Unvergessliche Momente
Nach acht Jahren als Einzelhandelskaufmann entschied er sich für den Beruf des Polizisten, den er neun Jahre lang ausübte und durch den er Menschen helfen wollte. Dort erlebte er viele gefährliche Einsätze, die ihm persönlich nahegingen. Auch der Umgang mit betrunkenen oder suchtkranken Menschen habe ihn seelisch berührt. Unvergesslich bleibt ihm etwa ein Einsatz bei einem Unfall. Bei der Ankunft sei ihm gleich ein Mann weinend entgegengelaufen. Hochedlinger habe sich leider nicht eingehend um ihn kümmern können, da er die Unfallstelle auf der Autobahn absichern musste, um noch mehr Schaden zu verhindern. Im Zuge der Erhebungen stellte er fest, dass unmittelbar zuvor die Frau des Mannes verstorben war. „Das sind Momente im Leben eines Polizisten, die man nie vergisst.“
Als in ihm schließlich der Wunsch keimte, Priester zu werden, habe man in seinem Umfeld zunächst mit großem Erstaunen reagiert. Als seine Familie und Kollegen erkannten, dass er es ernst meinte, haben sie seinen Entschluss akzeptiert und ihn unterstützt: „Der Wunsch, eine eigene Familie zu haben, war selbstverständlich da. Jedoch der Ruf Gottes war stärker", berichtet Hochedlinger.
Große (Mit-)Freude
Dass er der Polizei und seinen Kollegen noch sehr verbunden ist, ist spürbar. Viele Freunde und ehemalige Kollegen kamen auch zu seiner Diakonweihe am 7. Dezember des Vorjahres in die Wallfahrtskirche Maria Anzbach. Bischof Klaus Küng schmunzelte damals in Anspielung darauf, dass auch ein Waldviertler Arzt geweiht wurde: „Es braucht natürlich gute Ärzte und Polizisten. Aber ich freue mich auch sehr über ihren künftigen geistlichen Dienst.“
Hochedlinger wirkt jetzt im Pastoraljahr als Diakon in den beiden Pfarren Maria Anzbach und Eichgraben. Die Weihe zum Diakon sei für ihn ein wichtiger Einschnitt in seinem Leben gewesen. Sie ermöglicht ihm nun, Sakramente zu spenden und in Predigten den Menschen Gott nahezubringen.
Verkündigung selber leben
Für Hochedlingers persönliche Glaubensüberzeugung sei maßgebend, dass er das, was er verkündige, auch selbst lebe. Eingebrannt hat sich ihm in besonderer Weise ein Zitat aus dem 1. Petrusbrief, wo es heißt: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ Am 29. Juni 2015 wird Martin Hochedlinger im St. Pöltner Dom die Priesterweihe empfangen.
Wolfgang Zarl