Mag. Lukas Cioni
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miteinander-Magazin
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Umfragen über die Werte und Sehnsüchte der Menschen stellen immer wieder ein Thema in den Vordergrund: Es ist die große Sehnsucht des Menschen, irgendwo zu Hause zu sein, eine Heimat zu haben,
einen Ort, wo ich Geborgenheit und Ruhe
spüren darf; einen Ort, wo ich schwach sein
darf, wo ich mich anlehnen kann; einen Ort,
wo ich geliebt und respektiert bin.
Der Philosoph John O’Donohue sagt, dass die Sehnsucht nach Zugehörigkeit den eigentlichen Kern unserer Natur bildet. „Mögen wir uns auch oft isoliert fühlen, es ist die Natur unserer Seele, anzugehören.“
Die große Sorge
Dieser Sehnsucht steht manchmal eine andere Erfahrung gegenüber. Eine Studie über die Lebenswelten und Werthaltungen junger Menschen sagt beeindruckend, dass Jugendliche große Ängste vor allem im sozialen Bereich haben: Angst, ohne Freunde zu sein, Angst vor der Trennung der Eltern, Angst vor der Verarmung der Eltern. Daraus spricht die Sorge, dass diese Heimat – dieses Zuhause – zerbrechen könnte.
Sehr berührt hat mich, wie Arno Geiger die Demenzerkrankung seines Vaters beschreibt – mit dem treffenden Titel: „Der alte König in seinem Exil“. Da geht es um Menschen, die sich immer im Exil befinden. Sie machen die bedrückende Erfahrung, nie zu Hause zu sein. Sogar im eigenen Bett und im eigenen Wohnzimmer haben sie das Gefühl, nicht zu Hause zu sein.
Die große Zusage
Dem steht die große Zusage Jesu in der Bibel gegenüber: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubet an mich. Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. … Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten.“ (Joh 14, 1–12) Und dann ist da noch der wunderschöne Satz am Ende des irdischen Lebens Jesu: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28, 20)
Das heißt, Jesus bietet uns über unsere irdische Wohnung hinaus einen Platz bei ihm, in seiner Nähe, in unserer wahren Heimat. Er wendet sich in einer neuen Weise uns Menschen zu, mit ihrer großen Sehnsucht, mit ihrer großen Sorge.
Ein unüberbietbares Zeugnis
Mit gefesselten Händen schreibt der selige Franz Jägerstätter kurz vor seiner Hinrichtung im Gefängnis Berlin-Tegel: „Nicht Kerker, nicht Fesseln, auch nicht der Tod sind imstande, einen von der Liebe Gottes zu trennen, ihm seinen Glauben und den freien Willen zu rauben. Gottes Macht ist unbesiegbar.“ In der tiefsten Einsamkeit, in der Folter der Verlassenheit, kurz vor dem Weg zum Schafott sind diese Zeilen von unüberbietbarer Kraft. Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes.
Benno Elbs
aus: Benno Elbs, Wie ein leises Berühren, Gottes Spuren im Alltag, Ein spiritueller Begleiter durch das Jahr, Tyrolia 2014