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(K)ein Zweifel

Neue Regeln für neue Priester

Seit 8. Dezember 2016 gelten weltweit neue Grundregeln für die Priesterausbildung. Bei einem Österreich-Besuch erklärte der zuständige Kurienerzbischof, was die Neuregelung u.a. für Österreich bedeutet.

 

 

Vatikanische Dokumente stehen nicht gerade im Ruf, vor Lebensnähe und Lebendigkeit zu strotzen. Inzwischen scheint jedoch der erfrischend unkonventionelle und lebendige Stil, dem Papst Franziskus bis hinein in seine lehramtlichen Dokumente treu bleibt, auch auf Schreiben vatikanischer Dienststellen abzufärben. So hat etwa unlängst die für die Priester zuständige Kleruskongregation ein neues Dokument zur zeitgemäßen Neuordnung der Priesterausbildung vorgelegt. Und dies mit durchaus ungewöhnlichen Formulierungen und mit Schwung.

 

Seit 8. Dezember 2016 ist diese neue "Ratio Fundamentales" in Kraft. Auf 100 Seiten versucht sie eine Zusammenschau all dessen, was sich in nationalen Priesterausbildungen seit der letzten Aktualisierung der "Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis" im Jahr 1985 verändert, modernisiert, aber auch bewährt hat. Und sie wagt sich auf für vatikanische Dokumente ungewohntes Terrain vor: So empfiehlt sie etwa, dass der Umgang mit den sozialen Kommunikationsmedien "in die Mitte des täglichen Lebens der Seminargemeinschaft" gehören, da dies ein Einüben in die zeitgemäße Kommunikation und Vermittlung des Evangeliums ermöglicht. Und sie spricht offen das Problem sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Umfeld an. Auch das keine Selbstverständlichkeit.

 

Priesterausbildung mit Tradition

 

Drive, also mitreißende Energie hat auch ihr "Schöpfer", der verantwortliche Sekretär für die Priesterseminare in der Kleruskongregation, Kurienerzbischof Jorge Carlos Patrón Wong. Mit einem einnehmenden, ja, entwaffnend offenen Lachen reicht er die Hand, zückt sein Handy, um Fotos zu schießen und diese sogleich auf seinem Facebook-Profil zu posten. So auch an einem nasskalten und dunklen Tag im Januar, als er im Foyer des Wiener Priesterseminars die Hände zahlreicher Seminaristen und Ausbilder schüttelte. Zwei Tage lang hatte er mit Regenten und Seminaristen in Salzburg und Wien über die Herausforderungen in der Priesterausbildung debattiert. Ein wichtiger Testlauf, denn Österreich war damit nicht nur die erste Station der Präsentation der "Ratio", sondern auch Quelle konstruktiver Kritik an den Erstentwürfen des Dokuments.

 

Kalt ist es, der Wind zerrt an langen Mänteln, als sich Erzbischof Wong und der St. Pöltner Weihbischof Anton Leichtfried an besagtem Januar-Nachmittag von den Seminaristen verabschieden, um sich auf den Weg zum Wiener Stephansdom zu machen. Mit der Straßenbahn und zu Fuß – ganz unprätentiös, plaudernd über Gott und die Welt. Die Priesterausbildung in Österreich könne auf eine lange und große Tradition zurückblicken, so Wong. Eine Tradition, die den Kern bewahre, ohne sich den notwendigen Reformen zu verweigern. Das geht runter wie Öl, sieht man dem für die Priesterausbildung zuständigen Weihbischof Leichtfried an.

 

 

Und doch war der Druck gestiegen, die alten Regeln durch neue zu ersetzen, ohne dabei über die Besonderheiten und kulturellen Eigenheiten der einzelnen Länder und Diözesen einfach drüber zu fahren, so Wong. Jede Bischofskonferenz ist somit aufgerufen, die eigenen nationalen Regelungen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die Straßenbahn rumpelt in die Station Schottenring. Eine Menschenmenge ergießt sich über die Rolltreppen. Mitten drin ein entspannt lächelnder Wong.

 

Medien und Missbrauch

 

Als wir die Freyung überqueren, wandert Wongs Blick über das Schottenstift und einzelne Markstände. Alltägliches Leben. Das ist es, was ihn bewegt und was sich auch stärker in der Priesterausbildung widerspiegeln solle. "Es geht um eine Integration aller Dimensionen menschlichen Lernens – es geht um die Bildung des Verstandes, des Herzens und um die spirituelle Dimension". Und um die möglichst enge Einbindung angehender Priester in Familien und soziale Netzwerke. Sie sind es, die gerade junge Menschen auf der Suche tragen – auch durch manch dunkle Stunde und Einsamkeit, weiß Wong. Und sie sind es auch, auf die man im Vatikan im Blick auf die Berufungen große Hoffnungen setze: "Berufungen wachsen, wo Menschen authentische Priester in ihrem unmittelbaren Umfeld, in der Familie, im Freundeskreis kennenlernen".

 

Es dämmert bereits, als Wong und Leichtfried, der bislang dem Gespräch still gefolgt ist, auf den Graben einbiegen. Leichtfried erklärt dem Gast die verschiedenen Blick-Achsen auf die Hofburg und in Richtung Stephansdom, dem Zielpunkt des Stadtspaziergangs. Zwei Themen müssen jedoch noch besprochen werden: Zum einen die Frage der Prävention sexuellen Missbrauchs. In der neuen "Ratio" wird diesem Thema ein eigener Abschnitt gewidmet. "Ja, das ist eine traurige Wirklichkeit, der wir uns mit aller Entschiedenheit stellen müssen", so Wong. Schließlich soll der Priester Armen, Bedürftigen, aber eben auch jungen Menschen ein "spiritueller Vater" sein – eine Aufgabe, die Nähe erfordert. Die Schärfung des Blicks auf das Problem des Missbrauchs dieser Nähe sei daher unerlässlich – und ein Vorgehen in aller Schärfe geboten.

 

 

Österreich als Vorbild

 

Der Stephansdom rückt ins Blickfeld. Ein letzter Punkt. Die "Ratio" empfiehlt mit Blick auf homosexuell empfindende Kandidaten bzw. Kandidaten mit "tiefer homosexueller Neigung", diese nicht zu den Weihen zuzulassen. Eine Formulierung, die gerade im deutschen Sprachraum scharf kritisiert wurde. Wie sollten die Regenten und Ausbilder dies feststellen? Auf welcher Basis ein solches Urteil fällen? Wong fühlt sich sichtlich unwohl bei dieser Frage, weicht aus. Die "Ratio" dürfe nicht auf diesen Punkt verdichtet werden, mahnt er – und sie formuliere in diesem Punkt nichts Neues, sondern berufe sich auf den Katechismus sowie auf eine Instruktion von Papst Benedikt XVI. aus dem Jahr 2005. Die "Ratio" wolle nicht auf Defizite schauen, sondern den Blick weiten auf die Schönheit der Berufung. "Der Horizont ist also sehr viel weiter als diese eine Frage".

 

Was heißt das nun alles für Österreich? Anton Leichtfried räuspert sich. Er sehe der Umsetzung der neuen Bestimmungen sehr gelassen entgegen – schließlich sei Österreich eine Art Musterland in der Priesterausbildung. So stoße die Eingangsphase, das einjährige Propädeutikum, auf internationale Anerkennung. Außerdem seien österreichische Eingaben in der Entstehungsphase des Dokuments berücksichtigt worden, etwa die Kritik der österreichischen Regenten an einer "zu abstrakten Sprache" sowie eine fehlende Beachtung der besonderen Situation im deutschen Sprachraum mit der Priesterausbildung an staatlichen theologischen Fakultäten. "Es sollte ja schließlich eine Art 'Ratio Realis' werden, die tatsächlich auf die Realitäten auch bei uns Rücksicht nimmt", so Leichtfried.

 

Beeindruckt steht der Gast aus dem Vatikan vor dem Hauptportal des Stephansdoms. Rasch noch ein "Selfie", eine kurze Runde durch den Dom und ein stilles Gebet – dann geht es bereits weiter Richtung Flughafen. Der nächste Termin im Vatikan wartet: Begegnungen mit jungen Priestern und Seminaristen, die seine Vision einer zeitgemäßen, aus dem Leben schöpfenden Priesterausbildung teilen.

 

Henning Klingen

Chefredakteur

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2017 | Ausgabe März/April

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