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Den Glauben in Freiheit leben – endlich!

Maryam S. ist eine von 129 iranischen Konvertiten, die heuer in Wien die Taufe empfangen haben. Der Weg in ein (Glaubens)Leben in Freiheit war ein langer und gefährlicher.

 

Iran, Türkei, Griechenland, Österreich. Wenn Maryam S.* die Stationen ihrer Flucht fast ungerührt aufzählt, ahnt man nichts von der Angst, die mit dieser Reise einer jungen persischen Familie in eine nicht absehbare, jedenfalls völlig andere Zukunft verbunden sein musste, nichts von den Gefahren, Entbehrungen und der Hoffnung, dass – mit Gottes Hilfe – alles gut ausgeht.

 

Dieser Gott ist noch immer derselbe wie im Mullah-Regime, aber der Glaube stellt sich für die junge Iranerin nun ganz anders dar: Die Ehefrau in den 30ern und Mutter zweier Töchter von 15 und neun Jahren, die da zum Interview in das für Erwachsenentaufen zuständige Büro in der Erzdiözese Wien gekommen ist, trägt keinen Tschador wie die Frauen in ihrer Heimat. Maryam ist westlich modern gekleidet, dezent geschminkt, zeigt ihr halblanges brünettes Jahr.

 

In ihrer Heimatstadt Schiras begann sie sich vor rund sechs Jahren, angeregt durch einen TV-Film über die Muttergottes, für das Christentum zu interessieren. Berührt durch die Geschichte von der "besonderen Geburt" Jesu und nach Recherchen im Internet unter Umgehung der staatlichen Zensur wuchs in ihr die Gewissheit, dass der Mann aus Nazareth mehr als nur ein Prophet ist, wie der Islam ihn sieht. Die Freundschaft zu einer armenischen Christin und Erfahrungen mit deren Hauskirche bestärkten Maryam darin, dass im Christentum eine Liebe zu finden ist, die sie in ihrem ursprünglichen Glauben nicht fand. Dort ist eine Frau nichts wert, sagt sie. Und auch Religionsfreiheit gilt in der Islamischen Republik Iran nicht viel: Auf Glaubensübertritt zum Christentum steht die Todesstrafe, auch für Frauen.

 

Undurchschaubarer Gesinnungsterror

 

Mit ihrem Mann Kenan*, einem vielbeschäftigten Geschäftsmann aus begütertem Haus, sprach sie anfangs wenig über ihre religiösen Erkundungen. Dessen Familie jedoch bekam Wind davon, betrachtete Maryams Interesse mit Argwohn – vor allem der Gatte einer Kusine, der zu den islamischen Glaubenswächtern gehört. Obwohl Kenan kein Problem mit ihrer Annäherung an das Christentum hatte, wurde Maryam von ihren Angehörigen mit einem Ausgehverbot belegt. Und es wurde schlimmer: Fremde Männer tauchten in der Wohnung auf, suchten nach christlichen Beweisstücken; es kam zu anonymen Telefonanrufen, bei denen Maryam zu hören bekam: "Wenn du dich weiterhin für das Christentum interessierst, machen wir etwas mit deinen Kindern..." Wer das war, ist bis heute unklar, zu undurchschaubar ist der Gesinnungsterror im Iran; neben Behörden wie Religionspolizei gibt es auch selbsternannte Sittenwächter.

 

Auch Ehegatte Kenan bekam es mit der Angst zu tun. Aber er reagierte nicht wie seine Familie, die ihn bedrängte: "Deine Frau bringt eure Kinder in Gefahr, weil sie sich diesen Glauben einbildet. Soll sie doch fliehen, aber alleine, und die Kinder bleiben hier beim Vater". Aber Kenan entschied anders: Nach einem weiteren Zwischenfall sei er es gewesen, der als erster Fluchtpläne für alle vier schmiedete, erzählt Maryam: Auslöser war, dass die kleinere Tochter nach der Schule in ein Auto gezerrt werden sollte. Die anwesende Maryam wehrte sich erfolgreich dagegen, verletzte sich dabei aber am Knie.

 

Also weg von Schiras. Alles hinter sich lassen: Wohnung, Auto, Geschäft, Freunde, Familie. Maryams Bruder half bei der Flucht über Täbris in die Türkei, dort ging es mit einem kleinen Boot auf eine griechische Insel, über Athen dann mit dem LKW an eine Autobahn irgendwo in Österreich, das letzte Stück mit dem Taxi nach Wien.

 

Kenan glaubte anfangs nicht an Jesus, berichtet Maryam. Aber als sie alle nach der abenteuerlichen Flucht wohlbehalten in Österreich ankamen, deutete auch er dies als Schutz durch Jesus. Auf der Überfahrt nach Griechenland war das Boot schon voll Wasser, es gab keine Pumpe, der Motor starb mehrmals ab. Wie ruhig seine christlich gewordene Frau bei all dem blieb, habe Kenan sehr beeindruckt.

 

Neue Existenz in Wien

 

Einer der ersten Eindrücke von Wien, als die vier an einem Samstagabend ankamen: eine Kirche. Dort feierten sie am nächsten Tag ihre erste Messe mit – in Freiheit, endlich! Der Ortspfarrer, mit dem sich Maryam auf Englisch verständigte, half bei der Aufnahme in der Gemeinde, und als die regelmäßigen Gottesdienstbesuche der Konvertitin für böses Blut und Mobbing im muslimisch dominierten Wiener Flüchtlingscamp sorgten, vermittelte er eine kleine Wohnung in einer Pfarre.

 

Dort fühlt sie sich wohl, sagt Maryam. Auch ihre Töchter, die die Schule besuchen und gute Noten heimbringen; die jüngere ministriert. Der Pfarrer leitet das Katechumenat für die Taufwillige, vieles lernt sie en passant bei den Messen oder im Kontakt mit den Pfarrleuten. Am schwierigsten sei es für Kenan, der während der Flucht seinen Vater verloren hat, der jetzt mühsam Deutsch und dafür erst einmal das lateinische Alphabet lernt. Immerhin sind sie als Flüchtlinge mit positivem Asylbescheid nicht von Abschiebung bedroht, haben Zeit, sich hier eine neue Existenz aufzubauen.

 

Hat sie kein Problem mit der westlichen Freizügigkeit, etwa mit nackten Frauen auf Werbeplakaten? Nein, antwortet Maryam, "das ist in Europa einfach so". Irritierender ist für sie, wie sie sagt, dass am Sonntag so wenige Wiener die Messe besuchen. Friederike Dostal, in der Erzdiözese Wien für Konvertiten zuständig, sagt über die Menschen, die so einen harten Weg auf sich nehmen, um ihrer Sehnsucht nach Zugehörigkeit zum Christentum zu folgen: "Da ist schon eine sehr große Tiefe, die manchen bei uns abgeht."

 

*Name aus Sicherheitsgründen geändert; den im Iran verbliebenen Angehörigen drohten Schikanen, würde die Identität Maryams gelüftet.

 

Robert Mitscha-Eibl 

Robert Mitscha-Eibl ist Redakteur der Katholischen Presseagentur Kathpress

 

Taufbewerber & Konvertiten in Österreich

 

Die Zahl der erwachsenen Taufbewerber ist in Österreich zuletzt sprunghaft angestiegen. 633 Menschen ab 14 Jahren werden laut den verfügbaren Zahlen 2017 die katholische Taufe empfangen - eine Steigerung um 50 Prozent gegenüber den 411 im Jahr 2016. Ein Rekordhoch verzeichnet die Erzdiözese Wien, wo im März 254 Personen (2016: 121 Taufwerber) nach mindestens einjähriger Vorbereitung bei einer Feier im Stephansdom die bischöfliche Erlaubnis zum Erhalt des Taufsakraments erhielten. Neuchristen aus dem Iran bilden dabei mit 129 Täuflingen die weitaus größte Gruppe. Zum Vergleich: Aus Österreich stammen 34, aus dem zweitgereihten Afghanistan 51 Personen.

 

Um Flüchtlingen die Ankunft in Österreich zu erleichtern, hat die Österreichische Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Österreichischen Integrationsfonds die Broschüre „Grüß Gott in Österreich“ herausgegeben. Diese liegt auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Farsi vor.

 

Weitere Infos dazu unter: www.katholisch.at/willkommen 

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2017 | Ausgabe Mai/Juni 2017

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