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Florian Kuntner: Vom Lausbub zum Bischof

Er setzte sich für eine offene Kirche, ein fröhliches Christentum und lebendige Gemeinden ein: Florian Kuntner. Vor 40 Jahren wurde der 1994 verstorbene Priester zum Bischof geweiht.

 

Florian Kuntners öffentliche Wortmeldungen entsprachen nicht immer dem politischen Zeitgeist und sehr oft auch nicht der Linie der Amtskirche. Was ihm aber ein Anliegen war, das sprach er auch aus, denn diplomatische Formulierungen lagen ihm nicht. Durch sein Auftreten bei der von "SOS-Mitmensch" 1993 organisierten Veranstaltung gegen das von der FPÖ eingereichte Volksbegehren "Österreich zuerst", seine scharfe Verurteilung der südafrikanischen Politik der Rassentrennung, sein bedingungsloses Engagement für den Frieden und gegen jede Art von Menschenrechtsverletzungen handelte er sich das Prädikat "Bischof der Linken" ein.

 

Auch im Vatikan herrschte nicht immer Freude über die Wortmeldungen des Weihbischofs der Erzdiözese Wien und Nationaldirektors der Päpstlichen Missionswerke Österreichs. Vor allem wenn dieser öffentlich seine Ansichten zur Befreiungstheologie, zum Zölibat oder der Frauenordination kundtat. Kritik hielt Florian Kuntner aus, nur der Vorwurf "mangelnder Kirchlichkeit" traf ihn zutiefst.

 

Den Stürmen trotzen

 

Florian Kuntner wurde am 22. März 1933 in Kirchberg am Wechsel als achtes Kind einer Bergbauernfamilie geboren. Wer hier aufwächst, ist konfrontiert mit der Weite und Einsamkeit der Landschaft, der Rauheit der Natur und dem Rhythmus von "Säen und Ernten". Der Menschenschlag der "Buckligen Welt" ist es gewohnt, Stürmen zu trotzen. Auch der kleine "Florl" erhielt so seine Prägung – was ihn somit zugleich manchen Lebenssturm überstehen ließ.

 

Als Kuntner am 20. November 1977 gemeinsam mit seinem Mitbruder Helmut Krätzl zum Weihbischof der Erzdiözese Wien geweiht wurde, wählte er "Sorge um die Gemeinden" (2. Kor 11,28) zu seinem Wahlspruch. Die Förderung von lebendigen Gemeinden stand im Mittelpunkt von Kuntners seelsorglichen Wirkens.

 

Sein pastorales Ziel war die Schaffung von eigenverantwortlichen Gemeinden, in der Amtsträger wie Laien, Männer und Frauen, sich gemeinsam für die Verbreitung des Glaubens und einem lebendigen Pfarrleben einsetzen. Mit seinen Mitarbeitern arbeitete er in seiner Zeit als erster Bischofsvikar des neugeschaffenen Vikariats "Unter dem Wienerwald" ein diesbezügliches Pastoralkonzept für das Vikariat Süd aus, das vom damaligen Erzbischof von Wien, Kardinal Franz König, auch genehmigt wurde.

 

Im Geiste des Konzils

 

Für Florian Kuntner, der seine Priesterausbildung noch im vorkonziliarem Denken erhielt, öffnete sich durch das Zweite Vatikanische Konzil eine neue Welt, die seinem Fühlen und Denken entsprach. Der Rückwärtsgang der Kirche, der nach der Emeritierung von Kardinal König, vor allem durch einige spektakuläre Bischofsernennungen erfolgte, traf Kuntner hart. Es entsprach seinem Charakter, dass er überzeugt war, etwas unternehmen zu müssen, als sich die Lage in der Kirche von Österreich zuspitzte: Im Alleingang suchte er um eine Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. an, um diesen über die bestehende Situation zu informieren. Diese wurde ihm im Mai 1987 gewährt. An der Lage in Österreich änderte sich zwar nichts, aber Kuntner sah es als seine Pflicht an, seine Meinung deponiert zu haben.

 

Die Begegnung auf Augenhöhe war ihm stets ein Anliegen – nicht nur in der Gemeindearbeit, sondern auch in der Begegnung mit den Ländern des "Südens": Für ihn waren die Menschen in Afrika, Asien oder Südamerika keine Bittsteller, sondern Partner in einem Prozess des gegenseitigen Gebens und Nehmens. Sie benötigen unsere Hilfe, um menschenwürdige Strukturen aufbauen zu können, und wir können von ihnen Solidarität und ein lebendiges, gemeinschaftliches Glaubensleben erfahren – das war Kuntners Ansicht. Dass in diesen Ländern auch manches anders gehandhabt wurde, als es sich Rom vorstellte, fand bei ihm volle Unterstützung.

 

Authentisches Original

 

Im Jahre 1993 fuhr Florian Kuntner in seiner Eigenschaft als Missionsbischof nach Afrika. Dort dürfte er sich den Keim einer Tropenkrankheit geholt haben. Es entsprach seiner Art, dass er die ersten Anzeichen überging. Im Februar 1994 fuhr er noch nach Tunesien, um einmal das Gebiet seiner Titulardiözese Hirina zu sehen, auf die er traditionsgemäß als Bischof geweiht wurde. Nach seiner Rückkehr ließ sich die Einweisung in ein Krankenhaus nicht mehr vermeiden. Er starb am 30. März 1994 mit nur 61 Jahren.

 

Florian Kuntner war ein Original, dem man glaubte, was er sagte, weil er es selbst vorlebte. Er konnte, wie es Weihbischof Helmut Krätzl in seiner Predigt beim Requiem formulierte, "Menschen zu einem lebendigen Christsein motivieren". In seinem durch nichts zu erschütternden Glauben ist er daher auch ein Vorbild für heute.

 

Literaturtipp:

Ingeborg Schödl: Florian Kuntner, Vom Lausbuben zum Bischof, 144 Seiten, Tyrolia 2017, 19,95 (ISBN: 978-3-7022-3590-1) 

 

Ingeborg Schödl

 

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2017 | Ausgabe Mai/Juni 2017

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