Mitleben, mitlieben

Eine Kundschafterreise zu „Fresh expressions of Church“ führte mich zuletzt mit 15 evangelischen Pastorinnen und Pastoren nach England. Bei einer Begegnung in Sheffield erzählte uns John S. davon, wie er versucht hatte, in einem sozial schwierigen Viertel ein heruntergekommenes Jugendzentrum neu zu gestalten, damit das Reich Gottes ein Stück lebendig werden kann. „Nach 15 Jahren würde ich die Erfolgskriterien mit den drei ‚L‘ charakterisieren“, sagte er.

Das erste L stünde für listen. Dieses empathische Hinhören, Zuhören und Wahrnehmen der Lebenswelten der Jugendlichen, ihrer Familien- und Arbeitssituationen sowie ihrer Probleme und Potenziale bräuchte viel Zeit. „Ich merkte, wenn ich geschäftig oder gestresst wirkte, redeten die Jugendlichen nicht mit mir. Also betete ich viel, um zu einer inneren Ruhe zu finden und diese auch auszustrahlen.“

Das führte zum zweiten L: linger. „Jesus was always hanging around with people“, meinte John lakonisch. Jesus hat einfach unter den Menschen gelebt, mit ihnen seine Zeit verbracht. Folglich verbrachte auch John viel Zeit auf der Straße, in Pubs, in dunklen Ecken des Viertels, einfach überall, wo „seine“ Jugendlichen sich normalerweise aufhielten. Ohne love allerdings sei die gesamte Arbeit auf Sand gebaut. Gerade junge Menschen hätten ein untrügliches Gespür dafür, ob es jemand wirklich ernst mit ihnen meint. Sie riechen, ob sie nur als Kunden oder Nummern gefragt sind oder als einzigartige Menschen, mit allen Stärken und Schwächen einer oft als „lost generation“ gebrandmarkten sozialen Schicht.

Georg Plank

Erschienen in: "miteinander" | Jahrgang 2016 | Ausgabe Jänner/Februar

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