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Aus dem neuen »miteinander«

Hörende Kulturveränderung

Über die neue Haltung des offenen Zuhörens im Sydonalen Prozess

Der weltweite Synodale Prozess fordert von allen Teilnehmenden eine neue Haltung des offenen Zuhörens ein. Damit versteht er sich – bei allen Spannungen, die dabei aufbrechen – als Beitrag zu einer taumelnden Welt. Von Petra STEINMAIR-PÖSEL

miteinander 5-6/2023

Essay von Petra Steinmair-Pösel

In den vergangenen Wochen und Monaten wurde viel zugehört in der katholischen Kirche – und das weltweit. Denn mit dem Synodalen Weg hat Papst Franziskus einen weltkirchlichen Prozess angestoßen, der es ernst meint mit dem Hinhören auf die Stimmen der Gläubigen. In diesen verschiedensten Konstellationen und Gruppen wurden Katholikinnen und Katholiken eingeladen, offen und ehrlich über ihren Glauben und ihre Sicht auf die Mission der Kirche im 21. Jahrhundert zu sprechen.

"Es gibt eine Grundspannung zwischen jenen, die fürchten, dass der Synodale Prozess zu einer bis zur Unkenntlichkeit verstellten Kirche führen könnte, und jenen, die sich von ihm eine Heilung und Erneuerung der Kirche sowie eine vertiefte Einheit unter ihren Mitgliedern erhoffen."

Zuhören – keine Selbstverständlichkeit. Die Rückmeldungen der Befragten zeigen, dass dies keineswegs selbstverständlich ist. Im Vorbereitungsdokument für die kontinentale Etappe berichten Gläubige aus verschiedenen Regionen der Erde, dass sie das erste Mal die Erfahrung gemacht haben, dass ihnen wirklich zugehört wurde, ja, dass sie eingeladen waren, selbst heikle Themen freimütig (mit parrhesia) zu benennen. In Österreich, wo die Ausgangslage mancherorts von vorangegangenen Enttäuschungen, Skepsis, Frustration oder gar Resignation geprägt war, erwies sich dieses authentische Interesse der zum Prozess Einladenden an den Beiträgen der Teilnehmenden als wichtiger Wendepunkt im Synodalen Prozess. Dass es gelungen ist, so viele Menschen ins Boot zu holen, verdankt sich diesem wertschätzenden Zuhören und auch der Professionalität, mit der die Treffen vielerorts vorbereitet waren.

 

Echtes Ringen um Zukunft der Kirche

Dass Zuhören durchaus herausfordernd sein kann, hat die europäische Kontinentalsynode Anfang Februar in Prag gezeigt. Als eine der österreichischen Delegierten habe ich diese Versammlung als äußerst spannenden, auch spannungsreichen Prozess erlebt, als echtes Ringen darum, wie die katholische Kirche ihre Rolle und ihren Auftrag in Europa im 21. Jahrhundert verstehen kann und will. Dass es Unterschiede und Ungleichzeitigkeiten gibt, war mir bereits vor dem Treffen klar; wie groß diese tatsächlich sind, wurde mir aber erst durch das Zuhören vor Ort bewusst. Die Grundspannung bestand meiner Wahrnehmung nach zwischen jenen Stimmen, die fürchteten, dass der Synodale Prozess zu einer bis zur Unkenntlichkeit verstellten Kirche bzw. zu deren Zersplitterung oder gar Zerstörung führen könnte, und auf der anderen Seite jenen, die sich vom Synodalen Prozess eine Heilung und Erneuerung der Kirche sowie eine vertiefte mEinheit unter ihren Mitgliedern erhoffen.

 

Angesichts solcher Spannungen ist die Gefahr groß, dass sich Positionen verhärten oder der Stärkere sich einfach durchsetzt. Damit dies im Synodalen Prozess nicht passiert, wurde und wird mit der Methode und Haltung der „spirituellen Konversation“ gearbeitet. Diese basiert auf der Überzeugung, dass ausnahmslos jeder Mensch ein „kleines Wort Gottes“ ist, durch das Gott in dieser Welt wirkt. Vor diesem Hintergrund begeben sich alle Teilnehmenden zunächst in Phasen der Stille bewusst in eine Haltung des intensiven und aktiven Hörens, um dann in darauffolgenden „Anhörkreisen“in ebendieser Haltung zuzuhören und auch selbst zu sprechen. Im Alltag verbreiteten Kommunikationsmustern, wie z. B. gedanklich bereits am Gegenargument zu feilen, während das Gegenüber noch spricht, wird dadurch der Boden entzogen. Im Idealfall entsteht so ein neues, qualifiziertes Zuhören, das echtes Verstehen und das Finden von gemeinsamen Perspektiven ermöglicht. Zentral für das Gelingen ist dabei allerdings die Bereitschaft, sich tatsächlich auf diesen spirituellen Prozess einzulassen.

 

Wenn und insofern dies gelingt, könnte eine so entstehende synodale Dialog-, Diskussions- und Konfliktkultur tatsächlich zu einem zukunftsweisenden Beitrag der Kirche für eine fragmentierte Gesellschaft werden. Davon ist auch Papst Franziskus müberzeugt, wenn er schreibt: „Dieser synodale Ansatz ist etwas, das unsere Welt jetzt dringend braucht. Anstatt Konfrontation zu suchen oder den Krieg zu erklären, wobei jede Seite auf den Sieg über die anderen hofft, brauchen wir Prozesse, die es ermöglichen, mDifferenzen auszudrücken, zu hören und reifen zu lassen.“

 


Essay von Petra Steinmair-Pösel

Dr. Petra Steinmair-Pösel

ist Theologin und Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Edith Stein. Sie hat als eine der Österreich-Delegierten im Frühjahr an der Prager Kontinentalversammlung zum Synodalen Prozess teilgenommen

 

 

 

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