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Aus dem neuen »miteinander«

Klosterbäume im Baumhimmel

Der Seckauer Klosterwald

Im Seckauer Klosterwald ist Kahlschlag verpönt. In einzelstammweiser Nutzung bekommt jeder Baum ausreichend Zeit, Platz und Schutz, um zur besten Hiebreife heranzuwachsen.

Von Wolfgang MACHREICH

 miteinander 1-2/2024

miteinander-Magazin 1-2/24

Brombeersträucher als eine Art grüne Schutzmantelmadonna. Hans Liebfahrt stapft zum Gebüsch und zeigt auf ein zwei Fuß hohes Tannenbäumchen, wie Dornröschen im Dickicht versteckt. Der Stachelvorhang für den Setzling ist erwünscht, bewusst so gewählt, erklärt der Forstexperte. Rehe sind Feinschmecker, die Tannenzweiglein wären eine willkommene Delikatesse, gleichzeitig ist das Wild empfindlich und die Stacheln schrecken es ab. Im Gegensatz dazu macht den Tannen als Schattenbaumart das Dickicht nichts aus. Früher habe man Baumsetzlinge mit Schutzhüllen aus Plastik oder Draht eingezäunt, um Wildverbiss vorzubeugen. Das war teuer und brachte Müll in den Wald. Mittlerweile setzt Liebfahrt nur mehr auf natürliche Strategien gegen Verbiss und ist erfolgreich damit.

 

Erfolgreich wie die Abtei Seckau in der Steiermark mit ihrer Form der Waldbewirtschaftung insgesamt. Vor über dreißig Jahren ist das Kloster auf naturnahe einzelstammweise Nutzung als Dauerwald umgestiegen. Ein mutiger, selbst für klösterliche Forstwirtschaften nicht selbstverständlicher Schritt, der sich als ökologisch wertvoll und ökonomisch rentabel erwiesen hat. Wie sehr das Kloster mit Wald und Bäumen verwachsen ist, beweist bereits das Wappen der Benediktinerabtei. Es zeigt einen Baum mit eingehauener Axt. Darunter stehen die Worte „Praecisium virescit“, übersetzt: „abgehauen, grünt es wieder“. Der Wappenspruch bezieht sich auf einen Vers im Buch Ijob, erklärt Abt Johannes Fragner. Dort heißt es in Kapitel 14,7: „Denn für den Baum besteht noch Hoffnung, ist er gefällt, so treibt er wieder, sein Sprössling bleibt nicht aus.“

 

Forstwirtschaft-Vorbild Ijob

Der Bibelvers lässt sich auch als Leitbild für die Bewirtschaftung des Seckauer Klosterwalds lesen. Für dessen Umsetzung ist Hans Liebfahrt mit zwei Mönchen – der eine für den Forst, der andere für die Jagd – zuständig. Vier Bauernakkordanten aus dem Ort, Spezialisten für waldschonende Baumschlägerung, unterstützen sie. Diese „Seckauer Waldmenschen“ bewirtschaften einen im Vergleich zu anderen Klöstern bescheidenen Waldbesitz von 170 Hektar, eine Fläche rund halb so groß wie die Wiener Innenstadt. Was dem Klosterwald an Quantität fehlt, macht er durch Qualität wett. Die gibt der Abtei auch ein wichtiges wirtschaftliches Standbein, was über die Steiermark hinaus Anerkennung findet. 2002 erhielt die Abtei den Staatspreis für vorbildliche Waldwirtschaft. In Exkursionen, Waldbautrainings sowie waldpädagogischen Führungen wird die Seckauer Waldphilosophie weitergeben.

 

Die Seckauer folgen damit einer alten klösterlichen Tradition. „Glaube dem Experten“, zitiert Abt Fragner den hl. Bernhard von Clairvaux: „Du wirst mehr entdecken in den Wäldern als in Büchern. Die Bäume und die Steine werden dich lehren, was ein Lehrer dir nie vermitteln könnte.“ Um die Bäume im Seckauer Klosterwald lesen zu können, ist es jedoch gut, Hans Liebfahrt an der Seite zu haben. „Gehen Sie mit ihm in den Wald“, rät der Abt, „der kennt jeden Baum.“

 

Jedem seine Wachstumschance

Der Abt übertreibt nicht. Sein Waldmensch steuert zielstrebig von einem Waldplatz zum anderen und beschreibt das Baummobiliar. Ein frisch geschnittener Baumstumpf zeigt, dass hier bis vor Kurzem eine kapitale Fichte stand. Den frei gewordenen Raum kann jetzt der Schmalhans-Bruder daneben nützen. „Bei uns bekommt auch der Schwache seine Chance“, erklärt Liebfahrt die Forststrategie dahinter und zeigt mit seinen Händen, wie viel mehr an Dicke er dem Stamm zutraut.

 

Diese Baumhege lässt an das Gespräch mit Abt Fragner vor der Waldexkursion denken, der, nach der Bedeutung von Geduld in der Forstwirtschaft gefragt, auf die Regel des heiligen Benedikt verweist. An einer Stelle über den brüderlichen Umgang im Kloster heißt es: „Sie sollen einander in gegenseitiger Achtung zuvorkommen; ihre körperlichen und charakterlichen Schwächen sollen sie mit unerschöpflicher Geduld ertragen.“

 

Dauerwald-Rhythmus Geduld

Für Liebfahrt, der seit seiner Kinderzeit mit Waldarbeit vertraut ist, nach dem forstwirtschaftlichen Studium auf vierzig Jahre Forstpraxis zurückschaut und der seine Erfahrungen im Umgang mit Wald im Buch „Wald. Alle leben davon“ zusammengefasst hat, ist Geduld der Rhythmus, in dem ein Dauerwald schwingt: „Wir haben Zeit, wir kommen erst in sechs bis acht Jahren wieder her, wir wollen reife Bäume“, definiert er sein forstwirtschaftliches Ziel. In Zentimetern ausgedrückt, sind das Stämme mit einem Durchmesser von rund 50 Zentimetern. Wobei die individuelle Hiebreife variieren kann, sagt er: „Bäume sind Persönlichkeiten, das ist wie beim Menschen, wir schauen, dass unsere Bäume ihr Bestmögliches erreichen können.“

 

Dieser individuelle Zugang zu jedem Baum verbietet Kahlschläge, die breite Schneisen in die Wälder fegen. Der Seckauer Klosterwald darf ohne Unterbrechung auf allen Waldetagen gleichzeitig wachsen. Das hütet das Waldklima und fördert die Vielfalt. Hans Liebfahrt sagt „gärtnerische Ausrichtung“ dazu und bringt damit auf den Punkt, was der hl. Bernhard mit der Bereitschaft meint, den Wald nicht nur mit Füßen, sondern mit einem offenen Herzen zu betreten.

 


miteinander-Magazin 1-2/24

Buch-Tipp

Hans Liebfahrt: Wald. Alle leben davon. Praktische Erfahrungen und Gedanken im Umgang mit Wald. Eigenverlag: 2023, € 29,50.

Erhältlich in der Abtei Seckau, telefonisch unter: 0664 75075727 oder hans.liebfahrt@ainet.at

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