Kontakt
Redaktionsleiter / CvD

 

Mag. Lukas Cioni

Redaktionsleiter / Chef vom Dienst

miteinander-Magazin

Stephansplatz 6

1010 Wien

Tel.: +43 1 516 11-1500

 

Sie haben eine neue Adresse? Schreiben Sie uns hier oder rufen uns unter DW 1504 an.

 

Redaktion & Impressum

Aus dem neuen »miteinander«

Mehr als ein Spiel

Virtual Reality und Rehabilitation

Seit rund zwölf Jahren lebt Christiane mit der Diagnose Multiple Sklerose. Mithilfe modernster Technologie verbindet die 64-Jährige simulierte Waldspaziergänge im virtuellen Raum mit Therapie-Übungen, Spiel und neuen Sinneseindrücken. Von Lukas CIONI

 

miteinander 3-4/2023

miteinander-Magazin 3-4/23

Virtual Reality (VR) oder virtuelle Realität – für die meisten ein Begriff der Computerspiel-Industrie, für Christiane eine reale Möglichkeit zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensqualität. Seit Kindertagen lebt die gebürtige Wienerin in ihrer Favoritner Wohnung. „Klein, aber fein – das ist mein Paradies.“ 2011 bekam die ehemalige Pädagogin die Diagnose Multiple Sklerose. Eine der Folgen: Bewegungseinschränkungen aufgrund des beeinträchtigten Nervensystems. „Hier in der Wohnung kann ich mich frei bewegen. Draußen helfen mir meine Fußheber- Systeme.“ Das sind „Kniemanschetten, die durch elektrische Impulse die Muskulatur
stimulieren und die Geh-Motorik anregen“, erklärt Christoph Ullrich, Medizintechnik- Mitarbeiter der Firma Bständig. Gemeinsam mit Christianes Therapeutin und Holger Hager, Mitbegründer der Tech-Firma Cyberith, ermöglicht die interdisziplinäre Kooperation Christiane seit 2019 virtuelle Testversuche in den Räumen des Wiener VR-Playground.

„Die VR-Technologie ist unglaublich – das muss man probiert haben. Es macht Spaß, ist sicher und die Eindrücke sind wundervoll.“

Virtueller Waldspaziergang

Begeistert berichtet Christiane von einem simulierten Waldspaziergang: Prächtig dunkelgrüne Vegetation und inmitten der Landschaft eine von der Sonne erhellte Lichtung. Zudem unzählige Wege – sie führen zu Höhlen oder einem See. „Über die Äste am Boden steige ich schon ziemlich sicher“, sagt Christiane. Die Leichtigkeit eines unbeschwerten Spaziergangs so zu genießen, wäre für die 64-Jährige in der Realität nicht leicht möglich. „Computer habe ich keinen, mein Handy ist uralt und Fotos lehne ich generell ab, da mir der persönliche Kontakt wichtiger ist.“ Von der VR-Technologie ist sie jedoch begeistert: „Diese Technik ist unglaublich – das muss man probiert haben. Es macht Spaß, ist sicher und die Eindrücke sind wundervoll. Virtual Reality ist lebensnah und verbindet Spiel, Therapie und Erlebnis. Die Übungen selbst nehme ich gar nicht wahr“, schwärmt sie.

„Man darf nie aufgeben, nie die Nerven wegschmeißen. Ich bin sehr neugierig, aber auch streng – vor allem zu mir selbst.“

Enormes Potential

Bestehend aus einer VR-Brille – durch welche die Simulation gesehen wird – und mithilfe einer ganzkörper-umfassenden Vorrichtung namens „Cyberith-Virtualizer“ ist es Christiane möglich, reale Therapieübungen in einer virtuellen Umgebung zu absolvieren. „An der Hüfte wird man im Virtualizer fixiert und gesichert. Dabei stehe ich auf einer weißen, schwenkbaren, kreisrunden Plattform mit glattem Untergrund. Auf diesem ist es möglich, am Stand zu gehen. Dann die VR-Brille aufsetzen, und der Spaziergang beginnt“, beschreibt Christiane den Ablauf. Therapeutisch begleitet, löst Christiane so im simulierten Wald Übungen wie das Fußheben beim Übersteigen eines virtuellen Astes.

miteinander-Magazin 3-4/23

Eine Analyse zeigt Fortschritte, Tempo oder Gangparameter. „Alle Daten dienen der Therapie-Optimierung und tragen zur Weiterentwicklung bei“, sagt Hager. Seit 2014 beschäftigt sich das Unternehmen Cyberith mit der VR-Technologie. Neben spielerischem Entertainment fokussiert sich die Firma auf den Bereich der virtuellen Ausbildung zu Schulungszwecken und simulierter Koordinationsübungen von Einsatzkräften. Sogenannte „Digital Twins etwa sind virtuelle Zwillinge realer Orte. Hier werden industrielle Abläufe und die Koordination von Personen geübt“, erklärt Hager. Ein weiterer Schwerpunkt ist die medizinische Forschung. „Virtualizer und Software können personalisiert werden. Letztere stammt von der Wiener Agentur Bytewood. Noch sind wir in der Testphase, das Potenzial ist aber enorm“, sagt der Geschäftsführer.

 

Die Forschung nach medizinischen Anwendungsgebieten im Bereich VR wird am Beispiel von Christiane deutlich. „Die Übungen im virtuellen Raum geben mir real Vertrauen und Sicherheit. Das stärkt mich mental“, sagt sie. Laut Hager bestünde zudem die Möglichkeit, dass sich Personen, die real kilometerweit voneinander entfernt wohnen, im virtuellen Raum treffen, Therapie-Übungen absolvieren und somit „eine soziale Ebene mit der medizinischen verbunden wird“. „Ein VR-Spaziergang zu zweit wäre toll“, ist auch Christiane überzeugt.

miteinander-Magazin 3-4/23

Niemals aufgeben

Disziplin und Ehrgeiz seien für die Pensionistin essenziell, um in schweren Situationen zu bestehen: „Man darf nie aufgeben, nie die Nerven wegschmeißen. Ich bin neugierig, aber auch streng – vor allem zu mir selbst. Die Therapie-Übungen sind wichtig, um der Krankheit etwas entgegenzuhalten. Dafür trainieren muss ich jedoch selbst – auch ohne VR.“ Damit in naher Zukunft auch weitere Betroffene von der modernen Technologie profitieren, wünscht sich Christiane „eine offizielle Anlaufstelle oder ein öffentlich gefördertes Projekt, welches sich dem Thema VR-Rehabilitation widmet“. Diesem Wunsch schließen sich auch Cyberith-Geschäftsführer Holger Hager und Bständig-Medizintechnik-Mitarbeiter Christoph Ullrich an.

 

Neben der simulierten Realität testet Christiane in den kommenden Monaten eine weitere technische Innovation – einen Ganzkörperanzug namens Exopulse-Mollii-Suite. Dieser ist optisch ähnlich einem Neoprenanzug und ausgestattet mit zahlreichen Elektroden, welche ähnlich wie Christianes „Fußheber“ elektrische Impulse abgeben. „Der Anzug kann schwache Muskulatur reaktivieren und neurologisch bedingte Spastiken verhindern. Wenn das klappt, könnte ich über jeden Ast steigen, egal ob real oder virtuell“, sagt Christiane voll Vorfreude.

 

Weblink: Cyberith-VR

 


 

Welt-Multiple-Sklerose-Tag

2009 von der Multiple Sclerosis International Federation initiiert, findet der Gedenktag jährlich am 30. Mai statt. Sein Ziel ist es, auf die Geschichten und Schicksale der rund 2,8 Millionen Betroffenen weltweit hinzuweisen und für die Krankheit zu sensibilisieren.

 

Informationen unter: 

Multiple Sklerose Gesellschaft Österreich
 

 

 

CANISIUSWERK
Zentrum für geistliche Berufe

Stephansplatz 6
1010 Wien

Telefon: +43 1 516 11 1500
E-Mail: office@canisius.at
Darstellung: