Mag. Lukas Cioni
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miteinander 7-8/2025
Einem technischen Fehler bei seinem Weltraumflug verdankt der US-amerikanische Astronaut Rusty Schweickart jenen kurzen Augenblick, der sein Leben seither prägt. „Ich war sozusagen kurz arbeitslos – es war perfekt“, beschreibt er den Moment. Am 3. März 1969 gehörte Schweickart, der heuer seinen 90. Geburtstag feiert, mit zwei weiteren Astronauten zur Besatzung der Apollo-9-Mission. Ihr Auftrag war es, die erste Mondlandung im Juli desselben Jahres vorzubereiten.
Die Manöver zwischen Raumfahrzeug und Mondfähre funktionierten einwandfrei. Zum Abschluss der Tests sollte Schweickart einen Spaziergang ins All absolvieren, um erstmals zu üben, ob und wie man bei einem Notfall durch die Außenluken von der Fähre zurück ins Raumschiff konnte. Hinzu kam, dass Schweickart an der Weltraumkrankheit litt – ein Unwohlsein, bis sich der Körper an die Schwerelosigkeit angepasst hat.
Behäbig zwängte er sich die Ausstiegsluke hinaus und krallte sich am Handlauf fest. Aus dem Kopfhörer dann ein Warnhinweis: „Bleib genau dort Rusty, beweg dich nicht!“ Eine fehlerhafte Kamera, die Schweickarts Bewegungen filmen sollte, blockierte. Aber keine Sorge: Das Problem werde man bald lösen, hieß es. So hatte Schweickart fünf Minuten für sich – allein in Anbetracht der Erde.
„Unser unglaublich schönes Zuhause“
Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Vorfall am Handlauf des Apollo-Schiffs entschuldigt sich Schweickart, dass er jetzt „philosophisch“ werde. Diese fünf Minuten freie Zeit im All, allein mit sich und dem Erdball, veränderten seinen Blick auf die Welt. Schön und blau sah Schweickart seine und aller Menschen Heimat leuchten. Als „wichtigste Grenze für die gesamte Menschheit, dünn wie eine Apfelschale“, beschreibt er die Atmosphäre: „Ich war wie ein Schwamm, der alles aufsog.“ Zeitgleich stellte er fest, „welche Verantwortung wir gegenüber der Erde, diesem wunderschönen Planeten haben.“
Für ihn sei es kein Zufall, dass nach den Mondmissionen 1969 die Umweltbewegung als Antwort auf „die Sorge um Mutter Erde“ entstand: „Zum ersten Mal sahen wir Menschen die Erde von außen, das unglaublich schöne Zuhause des ganzen Lebens in unserer kleinen Ecke des Universums.“ Die Erinnerungen an die technischen Herausforderungen und der politische Auftrag dahinter sind für ihn seither verblasst – stärker denn je sieht Schweickart aber den „Auftrag, dass das Leben wachsen und überleben soll“.
Mondlandung als „kosmische Geburt“
Am Höhepunkt des Kalten Krieges gründete Schweickart die „Association of Space Explorers“ – eine internationale Gruppe von Astronauten und Kosmonauten, unter ihnen auch der österreichische „Austronaut“ Franz Viehböck, welche „die grundlegende Sorge und persönliche Verantwortung für die Erhaltung und den Schutz der Natur der Erde“ teilen. Zudem förderte Schweickart Maßnahmen, „damit wir frühzeitig die Gefahr möglicher Asteroiden-Einschlägen erkennen, um das Leben auf der Erde vor deren katastrophalen Auswirkungen zu schützen“.
Die Mondlandung, zu deren Erfolg Schweickart beigetragen hat, nennt er heute eine „kosmische Geburt“: „Wir haben bis zum Mond geschaut, aber wir haben nicht viel mehr Ahnung als ein Baby nach der Geburt, was das künftige Leben bringen wird. Was wir jetzt wissen, ist, dass wir unsere Mutter wirklich lieben und dass wir eine erstaunliche Reise beginnen.“
Rusty Schweickart
ist ehemaliger US-amerikanischer Astronaut der Apollo-9-Mission. 1969 flog er als Pilot der Mondlandefähre ins All und testete diese zum ersten Mal in der Erdumlaufbahn. Schweickart verbrachte bei seinem Weltraumflug insgesamt 241 Stunden im All und engagiert sich seither für den Schutz der Erde.