Mag. Lukas Cioni
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miteinander-Magazin
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miteinander 1-2/2026

Wer die Fastenzeit ernst nimmt und auf etwas verzichtet, weiß, wie herausfordernd und lange 40 Tage sein können. Da kann ein kleiner Motivationskick schon recht hilfreich sein. Einen solchen liefert uns die Kirche, wenn sie am 4. Fastensonntag zeigt: Durchhalten! Es ist nicht mehr lang bis Ostern! Angefeuert wird mit den der Kirche zur Verfügung stehenden Mitteln. In der von Besinnung und Umkehr geprägten Fastenzeit ruft die Kirche seit jeher den am 4. Sonntag zum Gottesdienst Versammelten zu: „Freue dich (lat.: laetare), Stadt Jerusalem. Seid fröhlich mit ihr, alle, die ihr über sie traurig wart. Freut euch und trinkt euch satt an der Quelle göttlicher Tröstung.“ Optisch wird das unterstrichen, wenn das schwere Violett der Fastenzeit dem freudig-leichten Rosa weicht – und in der Sakristei verzweifelt nach dem passenden Messgewand gesucht wird, das im Kasten ganz nach hinten gewandert ist, weil es so selten Verwendung findet.
"Rosa ist die Farbe der Vorfreude.
In ihr vereint sich das Violett der Fastenzeit
mit dem Weiß von Ostern."
Vorgeschmack
Rosa ist die Farbe der Vorfreude. In ihr vereint sich das Violett der Fastenzeit mit dem Weiß von Ostern. In der Vorbereitungszeit scheint die Freude des bevorstehenden Festes farblich bereits durch. Dieses Mittel setzt die Liturgie nur spärlich ein: eben am 4. Sonntag der Fastenzeit sowie in der Vorbereitung auf Weihnachten hin, am 3. Adventsonntag, der nach seinem Eröffnungsvers „Freuet euch im Herrn“ auch Gaudete-Sonntag genannt wird. Auch hier verweisen Texte und Farben auf das kommende Fest.
Dass sich rosa Messgewänder nicht in jeder Sakristei finden, mag nicht nur mit dem Farbgeschmack der Priester oder damit zusammenhängen, dass die Farbe nur zwei Mal im Kirchenjahr getragen wird. Als allgemeine liturgische Farbe hat sich Rosa nämlich wohl erst durch die liturgische Bewegung vor rund 100 Jahren durchgesetzt. Im 16. Jahrhundert für Rom zum ersten Mal bezeugt, war sie lange nur dem Papst und später den Bischöfen vorbehalten.
Rosa Arbeitskleidung
Auch außerhalb der Liturgie begegnet uns die Farbe Rosa im kirchlichen Bereich nur selten. Wer am Stephansplatz in Wien unterwegs ist, der läuft vielleicht jenem Steinmetz der Dombauhütte über den Weg, der im rosa Blaumann seine Arbeit verrichtet. Die Farbe seiner Arbeitskleidung hat aber recht profane Gründe: Es ist ein Zeichen der Verbindung des Wiener Wahrzeichens mit dem Hersteller der berühmten Schnitten in der typischen rosa Verpackung. Dafür, dass die Firma mit dem Dom im Logo wirbt, übernimmt sie die Lohnkosten für diesen Steinmetz in Rosa.
Zudem gibt es mit den sogenannten Steyler Schwestern eine Ordensgemeinschaft, deren Mitglieder einen rosa Habit tragen. Aber auch die sieht man selten, handelt es sich doch um Anbetungsschwestern, die ihr Leben in Abgeschiedenheit besonders dem Gebet widmen und nur selten ihr Kloster verlassen. Und genau das macht Rosa so besonders: dass man es in der Kirche so selten zu sehen bekommt.

Dr. Daniel Seper
ist Professor für Religionspädagogik an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Niederösterreich und Redaktionsmitglied des miteinander-Magazins.