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Aus dem neuen »miteinander«

Selig, die Frieden stiften

Essay von Wolfgang Palaver

Zur unübersichtlichen politischen Weltlage zählt unter anderem, dass wieder Krieg auf europäischem Boden herrscht. Christen sind gefordert, sich dazu zu verhalten. Welche Leitlinien bietet die Bibel?

Von Wolfgang PALAVER

 miteinander 9-10/2025

Praying man in front of the cross. Christian symbol, resurrection. Watercolor painting symbol

Können die biblischen Texte friedensethische Orientierung geben? Die Geschichte der Christenheit ist kein gutes Beispiel, weil die biblische Botschaft oft randständig gehalten oder falsch verstanden wurde. Fürs Erstere ist die katholische Kirche ein Beispiel, die lange die Bergpredigt nur für Kleriker als bindend erklärte, während für die gewöhnlichen Gläubigen das Einhalten der Zehn Gebote genügte. Zweiteres findet man in der protestantischen Tradition, in der die biblischen Texte ernster genommen und Klerus und Laien nicht mehr unterschieden wurden. Dieser Flügel des Christentums führte zu Friedenskirchen, die die Bergpredigt wörtlich nahmen. Doch auch das wörtliche Ernstnehmen der Bergpredigt erzeugte Probleme, wo aus Versen wie Mt 5,39, wonach gegenüber dem Bösen kein Widerstand geleistet werden soll und einem Schläger auch die andere Wange anzubieten sei, eine passive Haltung folgt, die sich dem Unrecht nicht aktiv entgegensetzt. Auch diese Lesart verstellt das Anliegen der Bergpredigt.

 

Für einen „messianischen Frieden“

In den letzten Jahrzehnten lässt sich aber eine positive Entwicklung der Friedensethik beobachten, die sich stärker an den biblischen Texten orientiert. Ein Beispiel dafür ist das Friedenswort „Gerechter Friede“ der deutschen Bischöfe aus dem Jahr 2000. Es beginnt mit dem Kapitel „Gewaltfreiheit in einer Welt der Gewalt. Die biblische Botschaft vom Frieden“, das wesentlich vom Alttestamentler Norbert Lohfink vorbereitet wurde. Gerade weil dieser auch das Alte Testament einbezieht, gelingt es ihm, einen realistischen Zugang auf die Fragen von Frieden und Gewalt zu bieten. Der Text unterscheidet zwischen einem gewaltbewehrten Frieden, der Frieden durch Recht zu gewährleisten versucht, ohne Gewalt völlig auszuschließen, und einem messianischen Frieden, der auf einen Frieden ohne Gewalt zielt.

 

Für den gewaltbewehrten Menschen stehen Texte wie Gen 9,6, wonach jeder Gewalttäter selbst mit strafender Gewalt zu rechnen hat, oder Röm 13, wo es heißt, dass nach Gottes Anordnung der Staat das Schwert zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung trägt. Für den messianischen Frieden kann wiederum auf Texte der jüdischen Propheten hingewiesen werden, die eine Welt vorstellen, in der Lamm und Panther friedlich nebeneinander liegen und Schwerter in Pflugscharen umgeschmiedet werden (Mi 4,3; Jes 2,4.11,6). Auch die Bergpredigt mit der Seligpreisung der Sanftmütigen und der Friedensstifter gehört in die Linie des messianischen Friedens (Mt 5,5.9).

Friedensethisch wichtig ist, was aus dieser Unterscheidung der beiden Friedensformen für die Kirche folgt. Sie hat den „Auftrag, mitten in der Welt des ächzend-stöhnenden gewaltbewehrten Frieden einen größeren, ‚messianischen‘ Friedens zu leben, der nicht auf Gewalt, sondern auf Vertrauen baut und so alle, welche den wahren Frieden suchen, faszinieren kann.“ (Nr. 162) Auf diese Weise kann die Kirche der Welt Orientierung geben, damit es immer weniger notwendig wird, auf Formen des gewaltbewehrten Friedens zurückzugreifen.

 

Wider die Entwürdigung
Wie aber ist nun Mt 5,39 zu verstehen? Sind Christen dazu aufgerufen, dem Unrecht gegenüber zu kapitulieren? Hier hat sich auch durch den Einfluss von Mahatma Gandhi viel in der christlichen Friedensethik getan: Exegeten wie Walter Wink zeigen uns, dass Jesu Wort von der anderen Wange den demütigenden und herablassenden Schlag mit der Rückhand auf die rechte Wange kritisiert und mit dem Angebot der linken Wange zu einer Auseinandersetzung auf Augenhöhe auffordert. Jesus widersetzt sich der herablassenden Entwürdigung. Die Würde dürfen sich die Menschen nicht nehmen lassen. Als er selbst geschlagen wurde (Joh 19,23), hielt er nicht die andere Wange hin, sondern stellte den Schläger zur Rede.

 

In ihrem Friedenswort „Friede diesem Haus“ von 2024 folgern die deutschen Bischöfe daraus zu Recht, dass Jesus kein „scheinbar sanftmütiger Leisetreter“ ist. Er verkörpert „den Geist aktiver Gewaltfreiheit,“ der „die Kraft schenkt, der Niedertracht in die Augen zu sehen und ihrem verächtlichen, hasserfüllten Blick zu trotzen, ohne sie spiegelbildlich nachzuahmen“. (Nr. 76) Es geht um einen Widerstand gegen das Böse, ohne sich selbst von der Gewalt anstecken zu lassen.


miteinander-Magazin 9-10/25

Dr. Wolfgang Palaver

lehrte bis zu seiner Emeritierung im Herbst 2023 Christliche Gesellschaftslehre an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck. Er ist zudem Präsident von Pax Christi Österreich. Zuletzt erschien von ihm das Buch „Für den Frieden kämpfen. In Zeiten des Krieges von Gandhi und Mandela lernen.“ Innsbruck–Wien: Tyrolia. ISBN 978-3-7022-4179-7

 

Buchtipp

miteinander-Magazin 9-10/25

Wolfgang Palaver: Für den Frieden kämpfen. In Zeiten des Krieges von Gandhi und Mandela lernen. Tyrolia: 2024, ISBN: 978-3-7022-4179-7, € 19,00

 

 

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