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Aus dem neuen »miteinander«

Unbedingtes Zueinander-Stehen

Was bedeutet Familie: Interview mit Wolfgang Mazal

Das Familienbild war immer schon Veränderungen unterworfen, sagt Familienforscher Wolfgang Mazal. Was über die Zeiten gleich bleibt: Familie bedeutet, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Das Interview führte Sandra LOBNIG

miteinander 5-6/2023

Multl generation family in autumn park having fun

Herr Prof. Mazal, historisch betrachtet steht Familie in permanentem Wandel. Wie hat sie sich über die Zeiten verändert?
In der Antike bezeichnete Familie eine wirtschaftliche Produktionsgemeinschaft. Die Ehe diente der Versorgung und der Vermögensvermehrung; Kinder wurden als Arbeitskräfte und Instrument der Altersversorgung gesehen. Treue, Beständigkeit und wechselseitige Unterstützung standen im Vordergrund. In der Romantik begann man die Familie als Ort der Realisierung einer idealisierten Zweierbeziehung zwischen Mann und Frau zu verklären. Das erfuhr einen Höhepunkt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, wo Familie als von Liebe geprägter Beziehungsraum wahrgenommen wurde.


Wie sehen Sie die Situation heute?
Heute ist Familie wesentlich von der Langlebigkeit der Menschen, der Pluralisierung gesellschaftlicher Vorstellungen und von der Erfahrung des Scheiterns von überfrachteten romantischen Vorstellungen geprägt. Darüber hinaus wurden Funktionen von Familie durch Systeme der sozialen Sicherheit übernommen. Auch Globalisierung und Digitalisierung gehen an Familien nicht spurlos vorbei, weil die Methoden der Überbrückung räumlicher Distanzen und der virtuellen Verbindung das Beziehungsverhalten beeinflussen.


Wo sehen Sie die stärksten Veränderungen in den letzten Jahrzehnten?
Auf das Familienverständnis haben sich insbesondere neue Rollenbilder von Männern und Frauen sowie ein verändertes Verständnis von Ehe ausgewirkt. Die tendenzielle Angleichung des Erwerbsverhaltens von Frauen an jenes von Männern hat die innerfamilialen Beziehungen neu positioniert und gleichzeitig das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Erwerb ausgelöst. Insbesondere in der Realisierung des Kinderwunsches sind Paare heute stark unter Druck. Die heute oft erlebte Patchwork-Familie ist demgegenüber nicht neu, sondern war früher wegen Müttersterblichkeit und unbehandelbarer Krankheiten ein häufiges Phänomen.

"Insbesondere in der Realisierung des Kinderwunsches sind Paare heute stark unter Druck."

Welche dieser Veränderungen bewerten Sie positiv, welche negativ?
Positiv ist aus meiner Sicht das veränderte Rollenverständnis von Frauen und Männern, das eine Partnerschaft auf Augenhöhe ermöglicht hat. Als negativ sehe ich die ökonomische Geringschätzung von Familienarbeit im Vergleich zur Erwerbsarbeit.


Gibt es so etwas wie einen zeitbeständigen Kern dessen, was Familie meint?
Im Kern von Familie steht seit jeher die Übernahme von persönlicher Verantwortung füreinander. Diese wechselseitige Unterstützung und das unbedingte Zueinanderstehen prägt Familie unabhängig davon, ob Liebe oder wirtschaftliche Aspekte als motivierende Basis dieser Beziehungen gesehen werden.


Wie muss eine Familie beschaffen sein, damit sie mit persönlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen gut umgehen kann?
Familien können dann mit den aktuellen Herausforderungen umgehen, wenn sie realisieren, welchen Außeneinflüssen sie ausgesetzt sind, und reflektieren, wie sie darauf reagieren. Sich von individuellen Vorstellungen loszulösen und die innerfamilialen Beziehungen immer wieder neu zu verhandeln, bedeutet zwar Stress, ist jedoch für eine nachhaltige Familienbeziehung in einer sich rasch verändernden Welt notwendig.


miteinander-Magazin 5-6/23

Dr. Wolfgang Mazal

ist Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien sowie Leiter des Österreichischen Instituts für Familienforschung. Seit 2021 ist er Präsident des Katholischen Laienrats Österreich.

 

 

 

 

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