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Aus dem neuen »miteinander«

Unverblümt das Gute leben

Symbolkraft der Tulpe

Selten erlebte eine Zierpflanze eine dramatischere Deklassierung als die Tulpe. Nicht einmal die Veilchen, die häufig Gräber schmücken, leiden mehr Schmach. Von Christopher Paul CAMPBELL

miteinander 5-6/2024

miteinander-Magazin 5-6/24

Sicher, der Abfall aus den Versen altpersischer Dichtung oder den Gärten Konstantinopels in die engen Kübel neben der Supermarktkassa – lieblos, mit einem Gummiringerl gebunden, bündelweise zusammengepfercht für € 3,99 ab etwa Ende Jänner – das ist schon bitter.
Dabei hatte es in Austria, was diese robusten Schönheiten angeht, gar nicht so übel begonnen, als ehedem der habsburgische Gesandte Ogier Ghislain de Busbecq (1522–1592) die ersten Tulpenzwiebeln vom Hof Süleyman des Großen nach Wien senden ließ und so die Donaumetropole zu einem Zentrum der Tulpenzucht machte.

 

Doch seither hat man sich angewöhnt, die Zierernte nicht von den Grünflächen Schönbrunns einzuholen, sondern beim soliden „Mariatheresien-Gelb“ eines bekannten Lebensmittelgroßhändlers. Aber zum Glück habe ich ein Erlebnis, das diese wundervolle Blüte dort sieht, wo man das Gute lebt: Es handelt sich um eine späte Familientradition, die daraus erwuchs, dass die amerikanischen Verwandten einmal über Weihnachten nicht zu Besuch kamen und wir, statt nach Neuschwanstein in das südholländische Städtchen Valkenburg aan de Geul reisten. Während des Zweiten Weltkriegs Hort der niederländischen Resistance, sind die Felsen rings um die Stadt herum katakombengleich von vielverzweigten Höhlen durchzogen. Meterhohe Kammern, oft kirchenähnlich ausgemalt, oder ganz explizit, wie die Fluweelengrot, als labyrinthische Kapelle gestaltet. In diesen kilometerlangen Gängen durch das ockerfarbene Mergelgestein veranstalten die Bürger der Stadt alljährlich ihren Weihnachtsmarkt.

 

Dieser war das Ziel unseres Familienausflugs, den meine Eltern mit Enkeln bis heute pflegen: um dort in den Grotten und Stollen Valkenburgs Dutzende Zwiebeln dieser Blume, der Tulipa, einzukaufen, die dort zum Adventmarkt gehören wie der Germknödel im Süden, hier aber in den Felsengängen und in den warmen Händen meiner Mutter eine neue Güte und Sorgsamkeit gewannen—denn sie sind für ihren Garten bestimmt.
So weiß ich jedes Mal, sooft ich im Frühjahr den bayrischen Garten meiner Eltern besichtige: Hier leben zwei Menschen unverblümt das Gute.


miteinander-Magazin 5-6/24

Christopher Paul Campbell

studierte katholische Theologie, Altgriechisch und Anglistik, leitete das Begegnungszentrum „Quo vadis?“, ist Buchautor, Gewinner des zap:innovationspreises 2023 und Redaktionsmitglied des miteinander-Magazins.

 

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