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Die Kunst, eine kluge Wahl zu treffen

Serie: Entscheide und wähle

„Ich stehe vor einer Entscheidung und bin völlig blockiert“ – mit dieser Erfahrung kommen manchmal junge Erwachsene auf mich zu. Sie hoffen auf Tipps, wie sie ihre Ängste loswerden können.

Von Sr. Melanie WOLFERS SDS

                                                                                                                          miteinander 1-2/2021

Question Marks with woman. Face thinking woman with question mark on yellow background.

 

Angst ist ein völlig normales Gefühl. Und sie ist wichtig! Denn sie warnt uns vor leichtsinnigen und tollkühnen Entscheidungen. Das Problem mit der Angst beginnt, wenn sie zu vorlaut wird und alles andere übertönt. Dann bindet sie viel Energie und macht uns entscheidungsunfähig.

 

Für eine gute Entscheidung ist es daher wichtig, die eigenen Ängste wahrzunehmen. Denn erstens machen Ängste einen auf Risiken aufmerksam, die man berücksichtigen sollte, um nicht fahrlässig zu entscheiden. Zweitens signalisiert meine Angst, was mir wichtig und bedeutsam ist, so, dass ich es nicht verlieren will: Beziehungen, Unterstützung, Prestige, Gesundheit u. a. Meine Angst verrät mir also etwas über mich selbst. Und drittens ist es von Vorteil, eigene Ängste in den Blick zu nehmen, weil diese sich verselbstständigen können. Wer kennt sie nicht, die fürchterlichen Nächte, in denen Katastrophenfantasien uns den Schlaf rauben? Doch sobald wir unsere Ängste bewusst wahrnehmen, gewinnen wir einen inneren Abstand von ihnen. Dieser Spielraum ermöglicht es uns, dass wir unserer Angst Gehör verschaffen, aber nicht unbedacht auf sie hören. Denn nicht einmal von unserer Angst müssen wir uns alles gefallen lassen!

 

Angst vor Fehlentscheidungen

Es gibt eine Reihe typischer Ängste, die in Entscheidungssituationen aufpoppen. Etwa die Angst vor den Reaktionen im sozialen Umfeld: Was werden die anderen – meine Familie, meine Freunde, meine Kolleginnen – sagen? Werde ich sie nicht enttäuschen? Mir ihren Ärger und Unwillen einhandeln? Oder die Angst davor, sich auf Neues und Ungewisses einzulassen. Bis dahin, dass manche lieber im gewohnten Unglück sitzen bleiben, als dass sie aufbrechen und Neuland betreten. Etwa jene Frau, die schon lange unter den Seitensprüngen ihres Mannes leidet, aber nicht wagt, Klartext zu reden und Konsequenzen zu ziehen. Denn wer weiß, was dann kommt …

 

Und schließlich kann die Angst vor einer Fehlentscheidung Menschen ausbremsen. Diese Angst nehme ich im Folgenden genauer in den Blick, da sie sich großer Verbreitung erfreut. Mich persönlich hat diese Angst bei einer weitreichenden Fragestellung einmal wochenlang gelähmt. Ein Aha-Erlebnis war für mich, als ich entdeckte: Durch meine Suche nach der Ideal-Lösung gerate ich immer tiefer in den Angststrudel hinein, falsch zu wählen. Mit meinem krampfhaften Bemühen, die richtige Entscheidung zu treffen, steuere ich mich geradewegs in eine Angstspirale hinein!

 

Und es war für mich wichtig, zu entdecken: Der Wunsch, die absolut richtige Entscheidung treffen zu wollen, verdankt sich einer irrigen Annahme. Niemand kann wissen, welche Lösung sich zukünftig als die beste erweisen wird. Denn dazu müssten wir in die Zukunft schauen können. Entscheiden können wir nur vorwärts. Beurteilen, ob eine Entscheidung richtig war, können wir nur rückwärts. Wenn jemand also nach der perfekten Lösung sucht und davon ausgeht, dass es nur eine richtige Antwort gibt, dann schlittert er entweder in eine Entscheidungsblockade hinein oder ebnet einer Enttäuschung den Weg.

 

Statt nach der Ideallösung zu suchen wäre es also realistischer und hilfreicher, zu fragen: Was ist in dieser konkreten Situation die bessere Alternative – inklusive ihrer Risiken und Nebenwirkungen?

 

Angst und Gottesbild

Eine allzu große Angst, sich falsch zu entscheiden, kann bei glaubenden Menschen auch an einem verzerrten Gottesbild liegen. In Entscheidungssituationen sind wir Christinnen und Christen eingeladen zu fragen, was hier und jetzt dem Willen Gottes entspricht. Doch was bedeutet die Rede vom „Willen Gottes“? Einige meinen, Gott halte ein Manuskript ihres Lebens in seinen Händen, in dem detailliert geschrieben steht, was sie nach seinem Willen tun sollten. Es käme also darauf an, Gott in die Karten zu schauen und dann das Vorgeschriebene getreu nachzubeten. Eine solche Vorstellung vom Willen Gottes stresst immens, denn ständig droht die Gefahr, das Falsche zu tun!

 

Und: Diese Auffassung vom Willen Gottes entspricht nicht dem biblischen Gottesbild! Ein roter Faden durchzieht die Bibel von der ersten bis zur letzten Seite: Gott wirbt um die Freundschaft und Liebe des Menschen und hofft auf dessen Antwort. Und Liebe ist allein in Freiheit möglich.

 

Was bedeutet dieses dialogische Gottesbild für mich als Christin, wenn ich vor einer Wahl stehe? Die Zukunft ist, von Gott her gesehen, nicht einfach fest- und vorgeschrieben. Wenn ich meine nächsten Schritte im Blick auf Gott bedenke, halte ich mich also nicht an eine fixe göttliche Vorherbestimmung, sondern an seine Liebe. In ihr lässt Gott mir die Freiheit zu einer eigenen Entscheidung und wirbt zugleich um Antwort. Das heißt: Den Willen Gottes zu erkennen und zu leben, ist ein Beziehungsgeschehen. Es ist ein Dialog, in den der Mensch sich selbst einbringen kann und soll.

 

(vgl. Melanie Wolfers, Entscheide dich und lebe! Von der Kunst, eine kluge Wahl zu treffen, bene! Verlag 2. Auflage 2020, 159-164)

Melanie Wolfers

ist Philosophin und Theologin und eine der bekanntesten christlichen Autorinnen im deutschsprachigen Bereich. 2004 trat sie in den Orden der Salvatorianerinnen ein. Sie leitet IMpulsLEBEN, ein Projekt für junge Erwachsene, ist gefragte Rednerin und Bestsellerautorin. Dabei schöpft sie aus ihrer langjährigen Tätigkeit als Seelsorgerin und Beraterin.

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