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Vom guten Leben

Mit Gott war es oft leichter als mit der Kirche

Bischof Josef Marketz im miteinander-Interview

Anfang Februar 2020 wurde Josef Marketz zum neuen Bischof der Diözese Gurk geweiht. Im miteinander-Gespräch spricht er über seinen Zugang zum Thema Berufung, das gute Leben und den Zölibat. Das Interview führten Elisabeth GRABNER und Henning KLINGEN.

 

Bischof Josef Marketz im miteinander-Interview | miteinander 7-8/2020

 

„Ich habe mich dem Ruf Gottes immer gestellt, wobei ich mir mit Gott meist leichter getan habe als mit der Kirche“, so der neue Gurker Bischof Josef Marketz

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In der aktuellen Ausgabe befassen wir uns mit dem „guten Leben“. Was kennzeichnet für Sie ein gutes Leben?

 

Das ist ein Begriff, den ich recht häufig verwende. Beim Nachdenken darüber merke ich, dass ein „gutes Leben“ wohl für jeden etwas anderes bedeutet. Für mich hat es viel mit Liebe zu tun und damit mit Gott! Da geht es um das Geliebt-Werden und um das Lieben-Können. Und natürlich um Solidarität. Ein gutes Leben könnte ich nicht führen, wenn ich rund um mich viel Leid wahrnehme und nichts dagegen unternehme. Wichtig ist für mich auch persönliche Freiheit, die allerdings in einer Welt, in der die Angebote und damit die Entscheidungsmöglichkeiten immer mehr werden, ständig mühsamer wird. Und es gibt so viele Dinge und Menschen, für die ich sehr dankbar bin – das gehört wohl auch dazu.

 

Wie blicken Sie auf Ihre persönliche Berufung zurück?

 

Ich erinnere mich noch recht gut, wie ich nach meiner Priesterweihe stolz von meiner priesterlichen Berufung erzählt habe. Ich bin zwar nicht vom Pferd gefallen, aber ich konnte ein paar Momente ausmachen, die mich auf meinem Weg entscheidend orientiert und ermutigt haben. Im Laufe der Zeit ist dann auch für mich meine Berufung manchmal zur Last geworden, das treue Durchhalten zur wichtigsten Aufgabe. Das immer neu Gerufen-Werden von Gott und von der Kirche fühlt sich in verschiedenen Lebensphasen und Situationen sehr unterschiedlich an. Ich habe mich dem Ruf immer gestellt, wobei ich mir mit Gott meist leichter getan habe als mit der Kirche.

 

Worin sehen Sie das Ziel einer zeitgemäßen Berufungspastoral?

 

Berufung war für mich nie ein Selbstzweck, sondern beinhaltete ganz klar eine Sendung zu den Menschen. Ich habe meinen Dienst auf vielfältige Weise in sehr unterschiedlichen pastoralen Feldern verrichtet, aber die Adressaten waren immer die Menschen in ihrer Glaubensbeziehung und Weltverantwortung. Wenn ich jetzt inden Corona-Tagen manchmal allein Eucharistie feiere, dann spüre ich am meisten spirituelle Kraft im liturgischen Geschehen, wenn ich Brot und Wein in die Richtung der Menschen hinhalte, die ich nicht sehe – und doch weiß ich, dass sie da sind. In meiner Ausbildung ist mir dieser Blick als vorrangiges Ziel dargeboten worden. Ich kann mir mein Leben ohne dieses Angebot nicht vorstellen.

 

Wenn man auf die Weihe- und Ordensstatistik blickt, scheinen wir in einer Berufungskrise zu stecken. Sie empfehlen dagegen eine andere Optik, einen anderen Blick. Welchen?

 

Ja, eine andere Optik würde viel bewirken. Ich blicke nicht gern auf die Statistiken, weil sie meist nur geweihte Personen in den Blick nehmen. Gott hat doch seinen Sohn auf die Erde gesandt, damit er allen Menschen Sicherheit und Zukunft verheißt und sie an seine große Liebe glauben lässt. Sie sollen wissen, dass sie nicht allein gelassen sind und Gott ein „gutes Leben“ für sie bereithält. Und dafür beruft er Menschen, darunter einige, die die Kirche für ihre besonderen Dienste mit Weihen ausstattet. Ich denke, wir müssten mit unseren Ämtern viel flexibler umgehen, wie ich es selbst vor vielen Jahren in Lateinamerika erfahren und eingeübt habe. Die Krisen machen wir uns selber mit unseren starren Vorstellungen von Kirche, mit unseren jahrhundertealten Strukturen, die uns oft wichtiger sind als die jeweilige Lebenswirklichkeit der Menschen.

 

Der Zölibat bedeutet für viele Priester auch Einsamkeit im Alter. Welche Auswege würden Sie empfehlen?

 

Wenn Sie schon den Zölibat ansprechen: Die Freistellung der zölibatären Lebensform wäre auf längere Sicht natürlich eine Möglichkeit, die auch deshalb kein Gesprächstabu sein sollte. Mit Kindern und Enkeln würde es sich wahrscheinlich leichter leben. Aber das Thema ist natürlich komplexer und hilft uns im Moment nicht weiter. Gegen Einsamkeit helfen Kommunikation und Beziehung. Die Priester waren früher häufig Herren und nicht Freunde, sie waren Autoritäten und nicht Teil von Weggemeinschaften. Zumindest für die Zukunft sollten wir unsere Lebensweise überdenken. Und jetzt braucht es wohl Sozialarbeiter, die auch Priester in Gemeinschaften hineinführen, wie sie es mit anderen einsamen Menschen versuchen. Da sollten wir demütig genug sein, um solche Angebote anzunehmen.

 

Aus welchen spirituellen Quellen schöpfen Sie die Kraft für Ihr Amt als Bischof?

 

Die wichtigste Quelle neben dem Stundengebet ist für mich die Heilige Schrift, in der ich sehr konsequent jeden Morgen lese. Eine wichtige spirituelle Quelle ist für mich auch die Vorbereitung von Predigten, die ich nicht als Vorlesungen zu Gottesfrage verstehen möchte, sondern in denen ich versuche, den Anwesenden das große Geheimnis unseres Glaubens auf möglichst einfache Weise zu verkünden. Das gelingt mir natürlich nicht immer, aber wichtig ist für mich die Übung, das Wort Gottes mit der Lebenswirklichkeit der Menschen zu verknüpfen. Eine Quelle, die ich aus den Tiefen meiner slowenischen Tradition schöpfe, ist eine nicht sehr wortreiche, aber innige Beziehung zur Gottesmutter, die ich als Trösterin und Mutmacherin erfahre.

 

Papst Franziskus sind die Jugendlichen ein besonderes Anliegen. Welche Auswirkungen hatte die letzte „Jugendsynode“ für Österreich?

 

Ich habe als Caritasdirektor die Synode nur am Rande mitbekommen. In unsere Organisation hat sie kaum hineingewirkt. Ich weiß aber, dass der damalige Jugendseelsorger seitdem mit einer Gruppe von Jugendlichen zusammenlebt, die ich in diesen Tagen besuchen werde. Das ist doch eine schöne Frucht der Synode und es wird wohl auch in Kärnten nicht die einzige sein.

 

Zur Person

Dr. Josef Marketz wurde 1955 in St. Philippen ob Sonnegg (Bezirk Völkermarkt) geboren, 1982 wurde er zum Priester geweiht. Ab 2014 war er Caritas-Direktor, davor stand er dem slowenischen und dem diözesanen Seelsorgeamt vor. Am 2. Februar 2020 wurde er zum 66. Bischof der Diözese Gurk geweiht. Die im 11. Jahrhundert gegründete und auf die heilige Hemma von Gurk zurückgeführte Diözese zählt heute rund 350.000 Katholikinnen und Katholiken.

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