Mag. Lukas Cioni
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miteinander 7-8/2022
Dass Jesus frei gelebt hat, dass er sagte und tat, was er für richtig hielt, dass er sich von Erwartungshaltungen befreit hat – das alles imponiert Sr. Notburga. In Hall in Tirol kennen die Menschen sie. Sie fällt auf, da sie oft auf den Straßen und Plätzen der Stadt
anzutreffen ist. Mal gedenkt sie öffentlich der Toten, die beim Versuch, nach Europa
zu kommen, verstorben sind; mal macht sie mit einem Theaterstück gegen Abschiebungen mobil; mal begegnet man ihr beim Moria-Protestcamp in Innsbruck; mal kampiert sie in einer der kältesten Nächte des Jahres in Innsbruck, um die Aufnahme
von Geflüchteten seitens Österreichs zu fordern; mal verteilt sie Engel der Hoffnung
für die Menschen in Griechenland. Österreichweit bekannt wurde sie mit dem Aufhängen eines Plakats bei der Abschiebung von Kindern. „Früher waren mir Gesetze und Rechte furchtbar langweilig, jetzt merke ich erst, wie wichtig sie sind. Wenn wir keine Regeln hätten, Menschenrechte, Flüchtlingskonventionen, dann kommen die Schwachen unter die Räder. Die Starken setzen sich selbst durch, doch die Schwachen
gehören geschützt“, so Maringele.
Willkommensdienst und Hilfe
Seit Schwester Notburga als Lehrerin in Pension ist, hat sie mehr Zeit für diesen
Einsatz für die Schwachen. Die Rahmenbedingungen des Klosters ermöglichen den Einsatz für den anderen. „Ich bin frei, mich voll einzusetzen. Wer eine eigene Familie hat, tut sich da schon schwerer. Es hat mit der Energie zu tun, die ich investieren kann“, so beschreibt sie das Privileg ihres Engagements. Dabei hat sie als Ordensfrau auch genaue Aufgaben: Sie ist Noviziatsleiterin, Provinzrätin und -sekretärin, für die Kontakt mit ihrer Gemeinschaft in Bolivien, für die Chronik und vieles mehr zuständig. Neben der Flüchtlingsarbeit ist
sie auch für den Willkommensdienst im Kloster zuständig. „Im Studium und im Austausch mit den jungen Leuten habe ich gelernt, kritisch zu werden, eigene Meinungen zu entwickeln“, so Sr. Maringele. Sie kennt die Erfahrung, dass sie als Schwestern im Kloster in ihrer
Freiheit eingeschränkt sind, aber das stimme nur teilweise: „Ich bin völlig freiwillig da. Das ist schon vierzig Jahre her und ist heute noch stimmig“, sagt sie. Und weiter: „Jede muss bereit sein, sich einzuschränken, damit die andere auch Platz hat. Und dann ist für jeden genug Platz. Und das erlebe ich nicht als Einschränkung meiner Freiheit, da ich ja mit anderen zusammenleben will.“ Und auch da bezieht sie sich wieder auf Jesus, der schließlich auch nicht frei von Bindungen gewesen sei, sondern zutiefst verbunden mit seinem Vater: „Freiheit
ist eben nicht: Ich kann tun, was ich will. Freiheit muss ich mir erarbeiten. Ich kann nicht alle Rücksicht fallen lassen, das wäre Beliebigkeit.
Web: Tertiarschwestern