Mag. Lukas Cioni
Redaktionsleiter / Chef vom Dienst
miteinander-Magazin
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miteinander 3-4/2022
Die Pandemie macht uns bewusst, wie wichtig Spitäler und das Gesundheitspersonal sind. Wer selten im Spital ist, kennt die Situation dort kaum. Was würden Sie ihm oder ihr erzählen?
Die Pandemie hat die Strukturen in den Spitälern völlig durcheinandergebracht. Gerade zu Beginn der Pandemie standen wir vor der Herausforderung, alles neu organisieren zu müssen. Wir mussten Isoliermöglichkeiten schaffen, geplante Operationen mussten und müssen nach wie vor verschoben werden. Pflegekräfte von den Normalstationen mussten zur Aushilfe auf die Intensivstation kommen. Diese Herausforderung zusätzlich zur eigentlichen Patientenbetreuung kostet viel Kraft. Mittlerweile haben wir viele Routinen entwickelt, die helfen.
Als Ärztin helfen Sie Menschen tagtäglich. Was ist Ihr persönlicher Antrieb? Was gibt Ihnen Kraft?
Ich hatte immer nur diesen Berufswunsch und könnte mir keinen anderen Beruf vorstellen. Die Arbeit mit Menschen und ihnen zu helfen macht Freude. Die Erfolgserlebnisse – also, wenn es den Patienten nach der Behandlung besser geht – geben mir Antrieb und Kraft.
Wie gehen Sie mit dem Stress und dem Arbeiten am Limit im Spital um?
Manchmal ist natürlich sehr viel zu tun und wir werden stark herausgefordert, aber ich habe das Glück, in einem großartigen Team zu arbeiten. Wir helfen uns gegenseitig und besprechen auch oft Fälle nach – im Sinne einer Art internen Supervision – und das hilft. Außerdem konnte ich zum Glück schon immer gut abschalten, wenn ich den Dienst verlasse. Familie, Freunde und Hobbies helfen mir dabei.
Der Tod ist ein steter Begleiter im Spital. Berühren Sie Todesfälle von Patienten nach wie vor?
Natürlich berührt es mich nach wie vor, wenn ein Mensch stirbt. Aber im Laufe der Arbeitsjahre entwickelt man Strategien, um so weit Distanz zu wahren, dass es nicht zur Belastung wird. Gerade bei COVID-Patienten denke ich aber oft, wie schade es ist, dass sich die Menschen nicht früher zur Impfung entschließen konnten.
Hat die Pandemie Ihnen als Ärztin auch die eigene Verletzlichkeit neu vor Augen geführt?
Man muss sich seiner eigenen Stärken, Schwächen und seiner eigenen Verletzlichkeit bewusst sein. Im Privaten kann man diese ausleben. In meiner Arbeit darf die eigene Verletzlichkeit aber keinen Platz haben – wenn etwa ein Notfall kommt, muss schnell gehandelt werden. Professionalität steht an erster Stelle: Ich weiß, was ich kann, und dieses Wissen und Können setze ich für meine Patienten ein und um.
Wie hilft Ihnen der Glauben? Ist er für Sie eine Quelle, aus der Sie schöpfen?
Für ganz viele von uns – so auch für mich – ist in Zeiten einer Krise der Glaube ein Anker. Vor allem dann, wenn ich durch die Natur gehe und die vielen schönen Dinge sehe, die geschaffen wurden, gibt er mir Antrieb und Kraft.
OA Dr. Viola Thaler
ist Anästhesistin und Intensivmedizinerin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien.
„Ich will helfen und meinen Beitrag leisten“
Der Krankenpfleger Benedikt Bauer über seinen
beruflichen Alltag und die Herausforderung COVID. Von Christopher ERBEN.
Seit September 2020 ist der Krankenpfleger Benedikt Bauer Teil des Pflegeteams auf der Intensivstation im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien. Seit seinem ersten Arbeitstag gehört die pflegerische Versorgung von COVID-Patienten zu seinem Berufsalltag. „Diplompfleger auf einer Intensivstation zu sein, bedeutet immer – egal ob Pandemie oder nicht –, Verantwortung für schwerstkranke Menschen zu haben und sie evidenzbasiert zu versorgen“, sagt er im Gespräch, denn eine empathische Intensivpflege gehe für ihn „Hand in Hand mit der fachlichen Expertise“.
Gefragt nach der Besonderheit in der Versorgung von COVID-Patienten, sagt er: „Die äußeren Umstände, das Einschleusen, das Anlegen und das Tragen der Schutzkleidung machen die Versorgung von COVID-Patienten anstrengender.“ Hinzu kommen auch immer wieder organisatorische Veränderungen sowie Neuheiten. Nie sei klar, was der Dienst bringt und wie herausfordernd er sein kann. Belastend sei für ihn, wie schnell diese Erkrankung den Menschen angreift und was sie aus Menschen mache.
„Wer weiß, vielleicht geht es mir in wenigen Tagen so wie ihm, vielleicht muss auch ich in Kürze um mein Leben kämpfen?“
„Wir sind dafür da, wir sind dafür ausgebildet und wir stützen einander als Team“, sagt Bauer. „Es gibt verschiedene Wege, etwa die Supervision, um besser mit der Situation umzugehen.“ Für die betroffenen Patienten selbst sei es aber weitaus schwieriger: in erster Linie körperlich – jedoch dürfte auch deren Psyche nicht vergessen werden, denn sie wüssten, dass der Patient im Bett nebenan die gleiche Krankheit habe. „Wer weiß, vielleicht geht es mir in wenigen Tagen so wie ihm, vielleicht muss auch ich in Kürze um mein Leben kämpfen?“, erzählt der Pfleger. Hier versucht das Pflegeteam, Ängste zu nehmen und zu helfen. „Ich habe diesen Beruf gewählt – und würde es jederzeit wieder tun, denn ich will helfen und meinen Beitrag in der Gesellschaft leisten.“
Was sind seine persönlichen Kraftquellen, aus denen er schöpft? Es sind für ihn die Partnerin, die Familie und Freunde; aber auch Gespräche über das Erlebte im Beruf und gleichzeitig das Abschalten nach Dienstende.
Benedikt Bauer
ist seit 2020 Intensivpfleger und Teil des Pflegeteams im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder.