Mag. Lukas Cioni
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miteinander 1-2/2024
Gibt es ein „Prinzip Franziskus“? Zweifellos wird er als jener Papst
erinnert werden, der Bewegung in die von vielen als altersschwach, halsstarrig und rettungslos unzeitgemäß wahrgenommene Kirche gebracht hat. Und das nicht erst mit dem Synodalen Prozess. Schon vorher hat er durch manch salomonisch erscheinende Formulierung in Lehrschreiben, Predigten und Interviews Unruhe in die heiligen Hallen gebracht. Man denke nur an sein Schreiben „Amoris laetitia“, in dem er in einer Fußnote den Kommunionempfang für wiederverheiratet Geschiedene nicht mehr prinzipiell ausschloss. Oder an seine jüngste Volte, als er überraschend das in sich vielstimmige Abschlussdokument der Weltsynodeapprobierte und den Reform-Ball an die Bischöfe und Bischofskonferenzen weiterspielte. Tatsächlich zeigt eine kleine Umschau in ortskirchlichen Usancen, dass unter der Decke des monolithischen römischen Katholizismus mehr an Mitsprache und kooperativer Leitung möglich ist, als man gemeinhin denkt:
Bischofswahl: Dass diese ohne geordnete Beteiligung von Laien ablaufen muss, wird gern behauptet, muss aber nicht so sein. Ein Beispiel bietet die Schweizer Diözese St. Gallen, in der ein aus 180 gewählten Katholikinnen und Katholiken bestehendes Kollegium berechtigt ist, aus einer Sechserliste „mindergenehme“ Kandidaten für das Bischofsamt zu streichen. Auch in Ordensgemeinschaften läuft die Abtwahl im Übrigen in der Regel nach „demokratischen“ Verfahren, d. h. geheim und verbunden mit zeitlich begrenzten Amtszeiten, ab.
Synodale Pfarrleitung: Die Diözese Rottenburg- Stuttgart verfolgt seit vielen Jahren ein eigenes Modell, in dem der Pfarrer zwar Leiter der Gemeinde ist, jedoch: „Er leitet die Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Kirchengemeinderat“, heißt es in der Kirchengemeindeordnung. Beschlüsse können von ihm nicht über die Köpfe dieses Rates hinweg gefasst werden. Auch auf höherer Ebene gibt es teilweise ähnliche Modelle partizipativer Diözesanräte auch in Österreich – allein: Sie sind noch lange nicht in allen Diözesen umgesetzt.
Laien in der Pastoral: Hier brauchen wir nicht weit zu blicken – schließlich hat etwa Bischof Manfred Scheuer vor sechs Jahren an eine bereits unter Bischof Aichern eröffnete Möglichkeit angeknüpft und qualifizierten Laien eine Tauferlaubnis erteilt, wenn es eine pastorale „Mangelsituation“ erfordert. Dann dürfen „alle Pfarrassistenten und Pfarrassistentinnen im eigenen Pfarrgebiet“ die Taufe spenden.
Wiederverheiratet Geschiedene: Hier hat die Erzdiözese Wien einen Weg gefunden, um der großen Zahl der vom Kommunionausschluss Betroffenen einen neuen Weg zu ebnen. In einer Handreichung werden fünf „Aufmerksamkeiten“ benannt, die eine „seelsorgliche Handreichung für den Umgang mit Geschiedenen und mit Menschen, die an eine neue Partnerschaft denken“ darstellen soll. Jedes Paar gelte es, dabei eigens zu begleiten und von einer rigoristischen Lösung Abstand zu nehmen. Gewiss, es sind dies nur kleine Beispiele – und wo der Schatten des Missbrauchs über der Kirche liegt oder klerikales Machtgehabe letztes Vertrauen zwischen Priestern und Laien zerstört, hilft auch kein noch so gut gemeinter Verweis auf die gelebte nVielfalt von Kirche. Dennoch ist etwas in Bewegung geraten, das sich in seiner Dynamik kaum mehr aufhalten lässt. „Weitere Schritte müssen folgen“, hat Erzbischof Franz Lackner gesagt. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Schritte tatsächlich folgen bzw. es bis dahin nicht schon zu spät ist.