Die Kunst des Bewahrens
miteinander 11-12/2025
Präpariert
Die meisten meiner Kunden sind Jäger, die sich mit einem präparierten Fuchs, Dachs oder Marder an ihre erste oder an eine besonders schöne Jagd erinnern wollen. Ein paar Mal habe ich aber auch schon Katzen präpariert – ein präpariertes Haustier ist aber nicht für jeden etwas. Tierpräparate für Museen mache ich selten, weil Museen meist eigene Angestellte dafür haben.
Die Kunden bringen mir das Tier unmittelbar nach seinem Tod oder sie frieren es ein, bis sie Zeit haben, vorbeizukommen. Ich ziehe zuerst die Haut ab, salze sie, um ihr die Feuchtigkeit zu entziehen, und schicke sie zum Gerber, der sie haltbar macht. Wenn sie nach einem halben Jahr wieder zurückkommt, ziehe ich sie über eine Thermoplastik, die ich modelliert habe. Es braucht einiges an anatomischem Wissen, um die Muskulatur gut zu treffen. Gesicht und Nase sind sehr wichtig, aber am wichtigsten sind die Augen. Ziel ist es, dass das Ergebnis so naturgetreu wie möglich aussieht.
Andreas Waller
absolvierte eine Lehre als Tierpräparator in Wien, schloss die Ausbildung 2015 ab und ist Betreiber einer eigenen Werkstatt in Hardegg, Niederösterreich.
Mumifiziert
Die Michaelergruft war die Pfarrgruft in St. Michael im 1. Bezirk, in der zwischen 1560 bis 1783 rund viertausend Tote bestattet wurden. Dass einige der Leichen dort mumifiziert erhalten sind, liegt an zwei Faktoren: erstens am konstanten Luftzug, zweitens an den Hobelspänen, auf welche die Toten gebettet wurden und die ihnen die Feuchtigkeit entzogen. Der Austrocknungsprozess hat den Verwesungsprozess überholt. Anders als bei den ägyptischen Mumien, die einbalsamiert wurden, sind die Mumien in der Michaelergruft also Naturmumien. Außergewöhnlich ist, dass sie immer noch ihr Original-Bestattungsgewand tragen. Eine Zeit lang machte uns ein Käferbefall zu schaffen. Diese haben die Särge angegriffen, die Mumien aber zum Glück nicht. Mit einer Klimaanlage und relativ niedriger Luftfeuchtigkeit haben wir das wieder in den Griff bekommen. Seit fünf Jahren sind die Mumien außerdem unter einem Glasdeckel, damit sie nicht so schnell verstauben. Trotzdem sind sie langsamem Verfall ausgesetzt.
Christopher Timmermann
führt seit 25 Jahren durch die Michaelergruft. An den Anblick der Mumien und Knochen hat er sich genauso wie an die Kälte in der Gruft längst gewöhnt.
Archiviert
Von besonderen Urkunden in Archiven, Handschriften, historischen Bücher in Bibliotheken und diversen Kunstsammlungen bis hin zu Kirchenräumen mit Gemälden und historischem Mobiliar: In den Orden findet sich eine Vielfalt an Kulturgütern. Licht, Feuchtigkeit und Schädlinge können sie bedrohen und es erfordert Fachwissen, personelle und finanzielle Ressourcen, um sie zu erhalten. Genauso wichtig sind die Menschen vor Ort, die Kirchenräume pflegen und regelmäßig die Objekte begutachten, um Schäden zu entdecken. Wir als Fachstelle für die Orden beraten etwa über die Wahl der richtigen Arbeitsmittel – eine Holzskulptur sollte nicht mit einem Küchenschwamm gereinigt werden. Oder über notwendige Schritte bei der Restaurierung wertvoller Objekte. Bei den Karmeliten in Linz zum Beispiel wurde bei einer Begehung mit dem Prior zufällig ein bedeutendes Fastentuch gefunden, das derzeit in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und dem Land Oberösterreich aufwendig restauriert wird.
Karin Mayer
ist Konservatorin und leitet den Bereich Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz, der Orden bei der Kulturarbeit unterstützt.
Katalogisiert
Die Reliquien, die sich in der Geistlichen Schatzkammer befinden, waren für das Haus Habsburg einerseits Unterpfand dafür, dass die Kaiser sich als Herrscher von Gottes Gnaden verstanden, andererseits wollte das Kaiserhaus seine Pietas demonstrieren. Aus kunsthistorischer Perspektive finden sich unter den Reliquien einige, die in einer bestimmten Zeit als wichtig empfunden wurden. Im 18. Jahrhundert war es etwa eine Kopie des Schweißtuchs der Veronika, die als verehrungswürdig und nobel betrachtet wurde. Das Tuch wurde am Karfreitag öffentlich gezeigt, aber auch bei den Entbindungen von Maria Theresia als heilbringendes Objekt aufgestellt. Im 17. Jahrhundert wurde ein Kreuznagelreliquiar besonders verehrt. Unsere Aufgabe im Museum ist es, mit den richtigen klimatischen Bedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit und schadstofffreie Umgebung) dafür zu sorgen, dass die Objekte auch in Zukunft bestehen. Bereits im 17. Jahrhundert hat man alles getan, um die Reliquien bestmöglich zu erhalten.
Paulus Rainer
ist Kurator in der Kunstkammer und der Schatzkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien. Die Geistliche Schatzkammer ist ein Teil der Kaiserlichen Schatzkammer.