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Dem Ruf der Kunst folgen

Dom-Museum-Direktorin Johanna Schwanberg

Was für ein Glück, wenn sich Beruf und Berufung überschneiden. Meine Arbeit als Literatur- und Kunstwissenschaftlerin – konkret als Kuratorin, Museumsdirektorin und Lehrende – erlaubt mir das Tätigsein in einem Feld, das mir sehr am Herzen liegt: der Kunst. Von Johanna SCHWANBERG

miteinander 11-12/2025

miteinander 11-12/25

In meiner Tätigkeit geht es mir nicht um das reine Erforschen von Kunstwerken und ihren Kontexten. Ja, natürlich sind das genaue Hinschauen, das Verstehen der Hintergründe und der künstlerischen Intention wichtig. Das alles ist für mich allerdings nur die Folie, vor der sich mein wahres Anliegen bewegt: das Öffnen dieses unschätzbar wertvollen Geschenks für möglichst viele Menschen. Kunst kann etwas, das kein anderes Medium vermag: Sie berührt tief empfundene Fragestellungen jenseits von Worten. In der Auseinandersetzung mit einem hochkarätigen Kunstwerk – und dabei ist es egal, ob es sich um eine gotische Madonna oder eine zeitgenössische Videoarbeit handelt – ergründen wir existenzielle Fragen, erfahren etwas über uns selbst, erlangen Verständnis über unsere Umwelt. Kunst aktiviert uns. Sie zeigt, dass das Leben nicht schwarz-weiß ist, sondern vielfältig und nuanciert. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass diese Wirkmächtigkeit etwas ist, das jeder Mensch in seinem Leben braucht.


Ein vertiefter Blick
Diesen Möglichkeitsraum durfte ich als Tochter eines Bildhauers bereits in frühester Kindheit erleben. Seine Vermittlung treibt mich seit meinen Studienzeiten an. Bei der Publikation von Texten, beim Unterrichten, beim Schreiben meiner „Gedanken für den Tag“ auf Ö1 und nicht zuletzt bei meiner kuratorischen Arbeit habe ich immer dieses Ziel vor Augen: Wie kann ich zu einem vertieften, persönlichen Blick auf Kunstwerke inspirieren?
Im Dom Museum Wien, das ich seit 2013 leite und das wir 2017 völlig neu konzipiert wiedereröffnet haben, ist es uns ein Anliegen, eine möglichst niederschwellige Plattform zur Auseinandersetzung mit grundlegenden Fragestellungen zu bieten – eine Oase der Ruhe und Introspektion inmitten des lebendigen ersten Bezirks in Wien, wo Menschen verschiedenster Interessen und Ausprägungen mit Kunstwerken in Dialog treten können. Dazu setzen wir künstlerische Arbeiten vom Mittelalter bis zur Gegenwart zueinander in Beziehung.

"Kunst aktiviert uns.

Sie zeigt, dass das Leben nicht schwarz-weiß ist,

sondern vielfältig und nuanciert.

Ich bin zutiefst davon überzeugt,

dass diese Wirkmächtigkeit etwas ist,

das jeder Mensch in seinem Leben braucht."

Der Zeit ihre Kunst
Verschiedenste Medien und kulturelle Hintergründe treffen aufeinander und laden zur Auseinandersetzung mit ihnen, ihrer Zeit, aber auch ganz konkret mit aktuellen Fragen ein. Dass dieser Zugang viele Menschen anspricht, zeigt nicht nur das öffentliche Echo, sondern erlebe ich in Führungen und während Lehrveranstaltungen im Dom Museum Wien. Aber auch meine Mitarbeitenden bestätigen mir dies durch ihre Erfahrungen bei den vielfältigen Vermittlungsangeboten – sei es bei Workshops im Museum und im angeschlossenen Dom Atelier, bei Diskussionsveranstaltungen oder in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Communities.


Es begeistert und inspiriert mich immer wieder, wie Menschen sich, vermittelt durch Kunst, für Neues und Unbekanntes öffnen, neue Gedanken zulassen und emotionale Verbindungen knüpfen. Das ist es, was ich als meine Berufung empfinde: Wege anzubieten, den Reichtum der Kunst für sich zu erschließen – ganz im Sinne des Ausspruchs des Priesters und Kunstsammlers Otto Mauer: „Kunst verändert die Menschen, sie verändert das Leben.“


 

miteinander 11-12/25

Dr. Johanna Schwanberg
ist seit 2013 Direktorin des Dom Museum Wien und seit 2022 Präsidentin des Museumsverbandes ICOM-Österreich. Zudem ist sie Lehrende an der Universität Wien, Gestalterin von Gastbeiträgen im Radio und Vortragende. 2025 wurde sie beim „Austria 25“-Award als Österreicherin des Jahres im Bereich „Kulturerbe“ nominiert.
 

Web-Tipp:
www.dommuseum.at

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