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Seelsorge(r) im Rampenlicht

Dompfarrer Toni Faber im Porträt

Er ist einer der bekanntesten Seelsorger des Landes, steht nicht selten im Rampenlicht der
Öffentlichkeit und schafft es, Menschen zu berühren und in ihrem Glauben zu begleiten: der Wiener Dompfarrer Toni Faber. Ein Porträt von Rainer MANZENREITER

miteinander 9-10/2024

Bürgermeister Michael Ludwig,  Dompfarrer Toni Faber und Conny Bischofberger

Ob beim Besuch einer Vernissage, einer Geschäftseröffnung, beim Umtrunk am Kirtag oder beim privaten Abendessen: Toni Faber will immer und überall für die Menschen da sein. Sein Eintritt ins Priesterseminar kam erst nach einem Ergebnis einer Gesunden-Untersuchung: ein drohendes Nierenversagen. Eine fatale Nachricht für den jungen Mann. „Ich bin doch ein frommer Mensch, setze mich in der Schule ein und jetzt soll ich sterben?“, erinnert sich Faber.

Es kam anders – und inzwischen ist Faber nicht nur bereits seit 26 Jahren Wiener Dompfarrer, sondern einer der bekanntesten Geistlichen Österreichs. Ein Seelsorger, der „auf vielen Hochzeiten tanzt“ – und das im wahrsten Sinne des Wortes: Zu etwa 60 Hochzeiten, 100 Geschäftssegungen und 60 Begräbnissen zählt der 62-Jährige etwa 100 Wiedereintritte in der Dompfarre St. Stephan jährlich. Warum er so gut bei Prominenten, Gesellschaftern sowie der Bevölkerung ankommt? „Weil ich es vermag, niederschwellig erreichbar zu bleiben, und die Leute mir zutrauen, dass ich ihr Leben kenne, sie nicht bewerte und es vermeide, den Menschen scheinheilig gegenüberzutreten.“

 

Gelebte Praxis

Seelsorge ist für Faber keine institutionelle Pflicht, sondern gelebte Praxis, die sich in alltäglichen Begegnungen und Erfahrungen verfestigt. Segnungen von Supermärkten, Weingütern oder auch Restaurants gehören zur regelmäßigen Tagesordnung – „man garantiert natürlich nicht den Dauererfolg damit, aber es verändert etwas, in unserem Innehalten, in unserem gemeinsamen Bitten, in der Unsicherheit, was aus uns wird, und gibt uns eine bessere Einstellung.“ Der Kranke wird bei der Krankensalbung nicht „verzaubert“, aber neben dem Gegenständlichen einer sakramentalen Handlung, folgt das wandelnde Wort „… und es verwandelt mich, wenn mir jemand etwas Gutes sagt. Es ist zwar nicht unbedingt notwendig,
aber es tut mir gut“, sagt Faber.

"Für mich bedeutet Seelsorge, mich nicht davor zu scheuen, mit Obdachlosen, Kleinkindern, Menschen mit Beeinträchtigung und höchsten Verantwortungsträgern umzugehen, sondern zu fragen, was dem Leben dient."

Der Dompfarrer will keine Lebensmodelle vermitteln, sondern den Menschen empfangen und dessen Sehnsucht nach Leben bejahen. „Warum sollte ich jemanden zurückweisen, nur weil sein Ehe- und Lebensmodell anders aussieht? Ich weiß beispielsweise, dass Herr Lugner gesellschaftlich seinen ganz eigenen Weg geht und zeitgleich geschäftlich Gutes macht und wie sehr er sich bemüht, Gutes für seine Familie zu tun.“ Menschen ohne religiöses Bekenntnis oder aus der Kirche Ausgetretene hätten nicht selten dennoch religiöse Bedürfnisse, seien „gottessehnsüchtig“ und bräuchten ebenso die Zuwendung von Seelsorgern, ist sich Faber sicher: „Sie sind nicht ohne religiöses Bekenntnis, nur ohne religiöse Bindung.“

Selbst das Beichtgespräch mit Prostituierten scheut der Dompfarrer nicht. Berührt hat ihn eine Begegnung als Kaplan: Als eine Frau vor ihrem Dienstbeginn im Bordell im Beichtzimmer stand, wusste sie nicht, ob sie sich das Leben nehmen oder in die Arbeit gehen sollte: „Wir müssen jeden Menschen begleiten, wertschätzen, anerkennen und fördern – erst dann ist es eine gute Seelsorge –, ob im kleinen, persönlichen Rahmen, in außergewöhnlichen Situationen, in der Politik, der Gesellschaft oder in der Medienwelt.“

 

Lächelnd faszinieren

Faber sucht nicht die Öffentlichkeit – die Öffentlichkeit sucht ihn. Die Liste jener bekannten Persönlichkeiten, denen er bereits die Hand schütteln und mit welchen er seelsorgliche Worte austauschen durfte, reicht von der sogenannten „steirischen Eiche“ Arnold Schwarzenegger bis hin zur Stilikone Priscilla Presley. Eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten, die Faber im Stephansdom begrüßen durfte, war der Dalai Lama, „welchen ich früher vielleicht unterschätzt habe, weil ich mir dachte, nur mit Lachen und Strahlen wird sich der Weltfrieden nicht ganz ausgehen“, erinnert sich der Dompfarrer. Doch mit einem entwaffneten Lächeln faszinierte der Dalai Lama – und mit Humor: „Er fragte, ob die Ministranten immer so ernst schauen müssen, und scherzte so lange mit ihnen, bis er sie zum Lachen brachte.“

„Für mich bedeutet Seelsorge, mich nicht davor zu scheuen, mit Obdachlosen, Kleinkindern, Menschen mit Beeinträchtigung und höchsten Verantwortungsträgern umzugehen, sondern zu fragen, was dem Leben dient“, sagt Faber. So zeigt sein Beispiel, dass das Priestersein kein antiquierter Lebensentwurf ist, sondern eine erfüllende, sinnstiftende Berufung, die Raum für persönliches Wachstum und spirituelle Erfüllung bietet.

 


miteinander-Magazin 9-10/24

Toni Faber

ist Priester, Dechant, Domkapitular und Dompfarrer des Wiener Stephansdoms. 2024 wurde er mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien ausgezeichnet.

 

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