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Falco-Hauptdarsteller Moritz Mausser im Interview

Zwischen Exzess, Selbstinszenierung und Verletzlichkeit: Im Musical „Rock Me Amadeus“ wird im Wiener Ronacher-Theater seit Oktober die Geschichte der Kultfigur Falco erzählt. Die Hauptrolle spielt der 23-jährige Newcomer Moritz Mausser. Ein miteinander-Gespräch über die Licht- und Schattenseiten des Ruhms. Von Lukas CIONI

miteinander 3-4/2024

miteinander-Magazin 3-4/24

Sie stehen seit Ihrem neunten Lebensjahr auf der Bühne. Wie kam es dazu?

Mein Bezug zur Kultur war immer schon groß, auch wenn ich aus keiner Künstlerfamilie stamme. Gemeinsam mit meiner Schwester habe ich mit neun Jahren angefangen Theater zu spielen. Wir schrieben 10-Minuten-Stücke und untermalten sie mit Musik. Zu dieser Zeit habe ich noch nicht gecheckt was ein Musical ist. Gefördert hat mich vor allem meine Mutter. Sie war es auch, die mir früh vermittelt hat, wie wichtig Empathie ist und sich in andere einzufühlen, denn: Jeder ist anders und das macht uns aus. Dass ich nun Darsteller bin, ist für mich Berufung.

 

Wie kam es zu dem Falco-Engagement?

Zu Beginn gab es einen Workshop, in dem Szenen probiert wurden. Für diese „Tests“ übernahm ich anfangs die Rolle. Es folgten viel Arbeit, wenig Schlaf und 110 Prozent Einsatz, denn ich wollte Falco so gut wie mir möglich darstellen. Dann kamen ein zweiter Workshop und die Vorsprechen. Einem jungen Studenten diese Rolle anzuvertrauen, war vom Theater mutig – und dafür bin ich dankbar.

 

Sie werden für Ihre Rolle gefeiert. Welche Entbehrungen bringt der Ruhm mit sich?

Wenn man getrieben ist, bekommt das Umfeld einen nicht zu greifen. Das merke ich an Falco und mir. Zwischen Proben, Auftritten und Medienarbeit gibt es wenig Zeit, etwa Freunde zu sehen. Es gibt wenig Zeit Beziehungen zu pflegen. Meine Freundin studiert untertags, wenn ich frei habe, und abends wiederum trete ich auf. Zurzeit zerren viele Energien an mir. Dadurch kann ich verstehen, warum Menschen unter dem Druck zerbrechen. Bei Falco wird dies teils mit der Flucht in Arroganz und Narzissmus kompensiert. Ich versuche, Probleme nicht mit einer Veränderung der Persönlichkeit zu kaschieren, sondern jene Beziehungen zu pflegen, die erden.

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Falco war bekannt für Party, Drogen und Exzess: Trifft das auch auf Sie zu?

Ich versuche zwar, im Moment zu leben, aber ohne dabei vor der Angst vor der Zukunft davonzulaufen. Ja, ich feiere gern, aber vor einer Show kontrolliere ich mich. Feiern und Exzess sind wie Licht und Schatten: Licht ist, wenn man daran Spaß hat, Schatten, wenn man es aus Funktion tut.

 

Wie haben Sie die Rolle Falco entwickelt?

Von Falcos Texten, Interviews, die Musik bis hin zur Analyse von bisherigen Falco-Darstellungen – bei der Rolle war mir wichtig zu wissen, auf welchen Elementen die Erwartungshaltung des Publikums aufbaut. Als Wiener Kulturgut war für mich zudem vor allem in Wien der Druck gefühlt höher. Eine Situation, auf die ich mich aber vorbereitet habe, um meine beste Performance abzuliefern.

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Gab es die Gefahr, dass Sie die Rolle Falcos übermannt?

Ich tauche nie so weit ein, dass ich nicht mehr zurück kann, und arbeite nie ohne „Netz“. Dafür gibt es Mittel, die den Ein- und Ausstieg erleichtern. Bei Falco etwa war mir klar: Der Typ riecht gut. Daher parfümiere ich mich vor jedem Auftritt ein wenig mehr als sonst ein – und trage die Rolle auf. Direkt nach der Show gehe ich dann im Theater duschen, um die Rolle wieder „abzuwaschen“. Gerade bei Falco, der viel Schmerz in sich trägt, essenziell. Das Musical entlässt das Publikum und mich zudem mit einem versöhnlichen Ende, auch das hilft.

 

Das Musical läuft seit Oktober 2023. Wie war die Uraufführung?

Die ersten Aufritte waren aufregend. Zum Glück gibt es „Previews“, inoffizielle Vorstellungen vor der Premiere. Diese haben mir geholfen, mich zu fokussieren und die Aufregung zu kontrollieren. Somit war die Premiere selbst leichter. Mittlerweile hält sich die Nervosität in Grenzen – Atemtechniken und Salbei-Honig-Tee helfen, doch selbst dann spielt mir der Körper manchmal Streiche. Dann heißt es: machen und durchziehen. Ich lasse die nervöse Privatperson Moritz draußen, denn auf der Bühne steht der Darsteller Mausser – und dieser hat den Job eine Rolle zu spielen. Zudem war mein Debut bei den Vereinigten Bühnen Wien (VBW) als Rudolf bei Elisabeth in Schönbrunn und das nahm mir die zumindest diesen Druck.

 

Was sind die positive Seiten Ihres Erfolgs?

Ich fühle, das, was ich mache, ist genau das, was ich machen muss – es ist ein Teil von mir, Berufung. Neben den Entbehrungen sehe ich das Licht. Dazu zählen finanzielle Unabhängigkeit oder mein Umzug in eine neue Wohnung.

 

Wer inspiriert Sie?

Als Kind wurde ich etwa von Darstellern wie Gernot Kranner oder Thomas Borchert geprägt. Zudem war ich rund 20 Mal auf Restplätzen bei „Tanz der Vampire“ und das erste Mal bewusst im Musical – das hat mich geplättet. Drew Sarich war beeindruckend und stundenlanges Anstellen, um die besten Plätze zu ergattern, normal. Durch diese Erfahrung schätze ich es heute, wenn Menschen nach der Show auf die Künstler warten.

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Höhen und Tiefen prägten Falco. In welchen Situationen erkennen Sie sich wieder?

In den Anfängen. Als Hans mit Falco und „Ganz Wien“ oder „Der Kommissar“ startete, war er etwa so alt wie ich und hat in der Pop-Welt einen ähnlich rasanten Aufstieg gemacht, wie ich es nun als Darsteller erleben darf. Dadurch verstehe ich den Druck. Als Künstler getrieben zu sein, ist etwas, in dem ich mich erkenne. Zudem bin auch ich sehr perfektionistisch. Das Musical handelt vom Menschen hinter Falco und dem Publikum möchte ich sagen: Kommt für Falco, bleibt für Hans.

 

Inwiefern beeinflusst Ihr Privatleben Ihre Darstellung?

Zwei meiner Großeltern starben letztes Jahr. Da kam die Erkenntnis: Heftig, dass wir alle sterben. Erfahrungen wie diese beeinflussen mein Spiel, denn ich nutze diese Gefühle, um sie in etwas Positiv-Produktives zu wandeln. Ich bin auf der Bühne nie privat, aber aus der eigenen, emotionalen Biografie zu schöpfen, ist normal.

 

Haben Sie sich durch Falco verändert?

Manche sagen überrascht „Du bist immer noch der selbe“ – aber es hat sich viel entwickelt. In meiner Persönlichkeit, meinem Auftreten und im Alltag. Zu Beginn war da aber das Gefühl, dass niemand wirklich nachvollziehen kann wie es mir geht. Belastend und ich fühlte mich manchmal allein mit allem: Das Profi-Debut, zeitgleich studieren, das erste Mal Geld verdienen und dann noch eine Figur spielen die jeder kennt und die speziell in Österreich als Idol verehrt wird. Sich in diesen Momenten erfahrenen Kollegen anzuvertrauen und helfen zu lassen, ist wichtig.

 

Der Wiener U4-Kult-Türsteher Conny de Beauclair bezeichnete Falco einst als „arrogantes Arschloch“. Gilt das auch für Sie?

Jeder kann mal ein arrogantes Arschloch sein. Schwierig wird es nur wenn man es danach nicht einsieht und nicht mehr abschalten kann. Durch Falco lernte ich viel über mich selbst, aber es wird mir nie passieren, dass ich im Falco-Wahn etwa eine Flasche gegen die Wand schmeiße.

 

Live is live – Wie gehen Sie mich technischen oder personellen Ausfällen während einer Show um?

Wenn einmal beispielsweise die Technik versagt, ein Gesangsmikro ausfällt oder ein anderes Problem direkt während der Show auftritt, haben wir es bisher immer als Team gemeinsam gelöst. Fordernde Situationen schweißen uns, das Ensemble und alle VBW-Mitarbeitenden hinter den Kulissen, noch mehr zusammen.

 

Wer ist Moritz Mausser?

Das ändert sich von Tag zu Tag und darin liegt der Spaß.

 


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Moritz Mausser

ist gebürtiger Wiener und aufgewachsen in Baden. Mit neun Jahren entdeckte er die Leidenschaft für Gesang und Schauspiel und studiert seit 2020 an der Musik- und Kunst-Privatuniversität Wien. Seit Oktober 2023 verkörpert er die Hauptrolle im Falco-Musical „Rock Me Amadeus“ im Wiener Ronacher.

Aufgrund des großen Erfolgs wird das Falco-Musical um eine weitere Saison in der Spielzeit 2024/25 verlängert. Vereinigte Bühnen Wien

 

 

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