Kontakt
Redaktionsleiter / CvD

 

Mag. Lukas Cioni

Redaktionsleiter / Chef vom Dienst

miteinander-Magazin

Stephansplatz 6

1010 Wien

Tel.: +43 1 516 11-1500

 

Sie haben eine neue Adresse? Schreiben Sie uns hier oder rufen uns unter DW 1504 an.

 

Redaktion & Impressum

Themen & Schwerpunkte

Weg damit!

Leben mit dem Messie-Syndrom

Zeit unseres Lebens müssen wir uns von Gewohntem trennen – immer wieder auch von allerlei Gegenständen. Doch immer mehr Menschen tun sich damit schwer. Von Christopher ERBEN

miteinander 7-8/2023

miteinander-Magazin 7-8/23

Eine Wohnung im Süden Wiens. Bis zum Knie türmen sich unzählige Pizzaschachteln und Zeitungspapier bis ins Vorzimmer. Dazwischen teils verschimmelte Essensreste. „Ich rieche eine Messie-Wohnung bereits im Stiegenhaus“, sagt Monika Horvath, zieht Hygiene- Handschuhe an und eine Atemschutzmaske über das Gesicht. „Jetzt kann es losgehen.“


Über 20.000 Menschen in Wien sollen Messies sein, was bedeutet, dass sie krankhaft Gegenstände sammeln, die unbrauchbar oder wertlos sind. Im Extremfall kommt es zu einer Vermüllung. „Wenn der Leidensdruck durch Anhäufen von Dingen bsteigt, wird das als Messie-Syndrom bezeichnet“, erklärt Anna Maria Mangelberger, Psychotherapeutin in Wien. Viele der Betroffenen gewöhnen sich aber rasch an die Situation, sodass es oft nur ihrem Umfeld auffällt, wenn die Wohnung vor Müll übergeht. Das Anschaffen ist von guten Gefühlen begleitet. Denn es gebe ihnen Geborgenheit und Sicherheit. Oft werden Gegenstände aufgehoben, da sie mit ihnen emotional verbunden sind. Ein Auslöser kann zum Beispiel der Verlust einer wichtigen Bezugsperson oder deren Tod sein.

 

Mit schwerem Gerät

Das Messie-Syndrom habe in den vergangenen Jahren massiv zugenommen, beobachtet Monika Horvath und befördert einen Joghurtbecher nach dem anderen in einen Mistsack. Häufig seien es aber alleinstehende Menschen, die professionelle Entrümpler wie sie zu Hilfe rufen. „Wir haben es oft mit Wohnungen zu tun, wo ich Chemikalien verwenden muss, um sie
zu desinfizieren“, sagt die Weinviertlerin, die jedem Messie vorurteilsfrei begegnet – unabhängig davon, welchen „Saustall“ sie in seinem Zuhause vorfindet. Zwischen 20 und 90 Jahre alt seien ihre Kundinnen und Kunden, die aus allen sozialen Schichten kommen. Die Kosten einer Entrümpelung orientieren sich stets an der Größe und dem Inhalt der zu entrümpelnden Zimmer.

 

Viele wollen immer mehr besitzen, erzählt Anna Maria Mangelberger. Zeit zum Aufräumen und Wegwerfen bleibe selten. Ideal seien Flohmärkte, Sammelstellen oder kostenlose Anzeigenportale, um sich von Sachen zu trennen. Geht die Sammelsucht von einer Zwangserkrankung aus, dauert deren Behandlung von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten. Unterdrücken lasse sie sich jedoch nicht, allerdings können Betroffene gut therapeutisch behandelt werden – etwa durch Übungen, bei denen das Widerstehen trainiert wird. In der Systemischen Psychotherapie kann auch das Umfeld der Betroffenen in die Psychotherapie mit einbezogen werden, sodass mehr Verständnis für die Krankheit gewonnen werden kann. „Ein Spaziergang durch ein Einkaufszentrum ist eine Therapie, die sehr erfolgsversprechend ist“, weiß die Psychotherapeutin. Sinnlos sei es aber, für die Betroffenen auszumisten, da sie danach wieder zu sammeln beginnen.

Als professionelle Entrümplerin hilft Monika Horvath Betroffenen.

Schritt für Schritt

Monika Horvath stapft weiter durch die Wohnung. Wenn sie eine betritt, sei sie immer sehr einfühlsam zum Besitzer. Um ihn in nicht zu überfordern, lege sie immer wieder Pausen ein oder unterbricht sogar die Entrümpelung. „Ich möchte ihm das Gefühl geben, dass er mit der neuen Situation leben kann“, sagt die frühere Gastronomin, die mit ihrer Firma namens „Rümpel Moni“ in den vergangenen zehn Jahren über 3.500 Wohnungen und Häuser in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland von Unrat befreit hat. Oft sind sie und ihr Team darin tagelang im Einsatz. Furchtbar war für sie der Einsatz bei einer Hundezüchterin, die 25 verwahrloste Hunde besaß. Zwölf Welpen waren verendet und teilweise bereits skelettiert. Monika Horvath erstattete Anzeige bei der Polizei.

 

Es ist später Nachmittag. Mehrere Mistsäcke stehen vor der Eingangstüre. Zu tun gebe es hier sehr viel, klingt Monika Horvath erschöpft, die sich von der Wohnungsbesitzerin nun wieder verabschiedet. „Bis morgen. Wir kommen wieder.“

 


 

Weniger ist oft mehr –
Tipps für weniger Ballast

• Trennen sollte man sich von Gegenständen, die mehr als ein Jahr nicht angerührt wurden.
• Bei einem Wohnungsumzug sollen nur Gegenstände behalten werden, die einem Freude bereiten oder notwendig sind.
• Immer den Überblick über den Haushalt behalten. Gegenstände sollten kategorisiert und kleine in bestimmten Schachteln aufbewahrt werden.
• Weniger zu besitzen ist oft ein Mehr an Lebensqualität.
• Impulskäufe sollten vermieden werden.

 

Informationen für Interessierte unter: ▶ wien.gv.at/Selbsthilfe pathologisches Horten

 

 

 

CANISIUSWERK
Zentrum für geistliche Berufe

Stephansplatz 6
1010 Wien

Telefon: +43 1 516 11 1500
E-Mail: office@canisius.at
Darstellung: