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Wenn der Faden reißt

Zu Besuch im Wiener-Wutraum "Wutstock"

Aus dem Alltag treten, Gegenstände zertrümmern und in sicherer Umgebung angestaute Energie abbauen: Der Wiener Wutraum „Wutstock“ bietet dafür die Möglichkeit. Ein Lokalaugenschein. Von Lukas CIONI

miteinander 1-2/2024

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Porzellan- und Keramiksplitter säumen den Boden. Beim Schlag mit dem Baseballschläger zerbricht ein Blumentopf in viele Teile, die wie in Zeitlupe durch den Raum fliegen. Frei nach Mark Twain: „Bist du zornig, zähl bis vier. Hilft das nichts, dann explodier“ – an diesem
Motto orientiert sich die 19-jährige Jana Papai, während sie, ausgestattet mit einer Schutzbrille und einem Ganzkörperanzug, auf Gläser eindrischt. „Willkommen im Wutraum – ein sicherer Ort, um Energie loszuwerden“, begrüßt sie „Wutstock“ Geschäftsführer Patrick Schalk.

 

Seit Jänner 2023 betreibt der 31-Jährige den Wutraum: „Das Konzept gibt es in Städten wie Budapest und Berlin. Hier in Wien ist es neuer, die Menschen sind zurückhaltender, aber wir sehen eine steigende Nachfrage und haben schon Stammkunden.“ Auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben werde von Behördenseite strikt geachtet, berichtet Schalk. „Von der Isolierung, der umfassenden Schutzkleidung über einen zu unterschreibenden Haftungsausschluss bis etwa zur fachgerechten Beschaffung und Entsorgung des Materials. Wir achten darauf, die Vorgaben einzuhalten.“ Indes holt die 19-jährige Jana zu einem weiteren Schlag aus. Ein Kristallglas zersplittert.

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„Wut ist meist ein Resultat aus Kränkung, Hilflosigkeit oder Frustration. Begleitend zu einer Therapie bieten derartige Methoden Menschen, die keinen Kontakt zu ihrer Wut haben, einen Türöffner, um den eigenen Gefühlsreichtum zu erweitern“, erklärt
der Psychologe Frank Zechner.

 

Wie Sport – nur anders

Der 15 Quadratmeter große Wutraum ist – ähnlich einem Tonstudio – rundum mit Schaumstoff ausgekleidet. Nach 45 Minuten verlässt Jana erschöpft, aber glücklich den Raum. „Es ist wie Sport, nur anders. Befreiend, hier alles zu zerschlagen“, sagt sie.

 

Ob ein derartiger Besuch hilfreich sein kann, bleibt aus psychologischer Sicht offen.
„In sicherer Umgebung Gefühle zu erkunden kann helfen, diese in der Folge therapeutisch aufzuarbeiten. Bei Personen mit übermäßigem Wutempfinden oder einer Impulskontrollstörung macht es wenig Sinn, da hier ein angelernter, falscher Umgang durch die Wut-Fokussierung und Wiederholung des Gewohnheitsmusters verstärkt wird“, sagt Psychologe Zechner.

„Vor allem Frauen und im Speziellen jene aus dem Pädagogik- und Pflegebereich sind sehr interessiert.“

Fünf Tonnen Wut

„Für mich ist es Spaß und ein Ausgleich im Matura-Stress“, meint Jana. Das Material, das hier zertrümmert wird – etwa Deko-Artikel oder Geschirr – kauft Schalk von Händlern, welche Ladenhütern auf diese Art und Weise ein zweites Leben einhauchen. Pro Kunde werden rund 25 Kilo benötigt. Auf den Monat gerechnet ergibt das einen Bedarf von rund fünf Tonnen.

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„Für mich ist es Spaß und ein Ausgleich im Matura-Stress“, meint Jana. Das Material, das hier zertrümmert wird – etwa Deko- Artikel oder Geschirr – kauft Schalk von Händlern, welche Ladenhütern auf diese Art und Weise ein zweites Leben einhauchen. Pro Kunde werden rund 25 Kilo benötigt. Auf den Monat gerechnet ergibt das einen Bedarf von rund fünf Tonnen. „Ob ein fordernder Job, der grantige Partner oder als kreatives Teambuilding: Es ist ein Rund-um-Erlebnis für alle ab 18. Hot- Yoga, nur entspannender. Vor allem Frauen und im Speziellen jene aus dem Pädagogikund Pflegebereich sind sehr interessiert“, sagt Schalk – „Rückschlüsse auf das System vorbehalten“, scherzt er.

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„Geduldiger fühle ich mich jetzt nicht, aber entspannter“, resümiert Jana. Zur Erinnerung reicht ihr Betreiber Schalk ein Einmachglas mit der Aufschrift „Eine Tasse voll Wut“, gefüllt mit Trümmern von Janas Besuch: „Für die Matura. Scherben bringen ja Glück“, sagt er abschließend.

 


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Web-Tipp: wutstock.atfrankzechner.at

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