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Santa Timmy und der Fleck

Ein Nikolaus im Krankenhaus

Seit 2016 besucht Timmy Emini – im Brotberuf Installateur – als Nikolaus verkleidet die Kinder auf der Neuroonkologie-Station im Wiener AKH. Im Gedenken an seinen verstorbenen Sohn Faik beschenkt der gebürtige Mazedonier und gläubige Muslim jedes Jahr die jungen Patienten. von Lukas CIONI

 

miteinander 11-12/2023

miteinander-Magazin 11-12/23

Zu Weihnachten ist die Neuroonkologie-Station für Kinder und Jugendliche des Wiener AKH festlich geschmückt. Ein Christbaum, Lichterketten und der Duft von Zimt liegt in der Luft. Dann öffnet sich die Türe: Santa Timmy ist da. Ein stattlicher Mann mit weißem Bart, roter Mütze, gekleidet in rotem Samt, ausgestattet mit einem Geschenksack, betritt die Station. Geschenke werden verteilt und Kinder an den Betten besucht. Selfies dürfen nicht fehlen, bevor im Sitzkreis gemeinsam mit dem Personal musiziert wird. Im Alltag der Kinder ist das „jedes Jahr etwas Besonderes – und für mich auch“, sagt Timmy.

 

„Ein Nikolaus, der Albanisch spricht?“, fragt ein Bub skeptisch und aufrecht in seinem Bett sitzend. Für ihn eine doppelte Überraschung – einerseits gehören in Albanien über 60 Prozent dem muslimischen Glauben an, zudem sind derartige Weihnachtsbräuche dort nicht weit verbreitet. Und dennoch: „Ich habe mit dem Nikolaus Albanisch geredet“, sagt der Bub stolz.

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Santa Timmy ist Mazedonier, kam mit neun Jahren nach Österreich, absolvierte eine Ausbildung zum Installateur und verliebte sich in seine Frau Arfine. Den Alltag eines erkrankten Kindes kennt der 43-Jährige – sein Sohn Faik erkrankte 2013: „Meine Frau ist eigentlich die Starke von uns. Ohne sie hätte ich diese harten Jahre nicht geschafft.“ Sohn Faik wurde 2004 geboren, zwei Jahre später kam Luan, sein zweiter Sohn, zur Welt. Als Alleinverdiener sichert Timmys Einkommen die Familie finanziell ab. „Viele Überstunden – ich schäme mich, dass ich in Faiks Kindheit so viel gearbeitet habe. Die Zeit fehlt mir“, reflektiert er.

 

Ein dunkler Fleck

Seit 2016 besucht Timmy als Nikolaus die Station auf Ebene neun. Seine, selbst initiierte, ehrenamtliche Tätigkeit entsprang dem Wunsch, „Kindern für einen Moment pure Freude zu schenken“. Welchen Herausforderungen sich Familien mit erkrankten Kindern stellen müssen, weiß Timmy: „2013 hatte unser Faik fast jeden Tag Kopfschmerzen.“ Nach einer Computertomografie die Diagnose: Im Stammhirn des 9-Jährigen wurde ein Fleck entdeckt – ein Stammhirn-Gliom. Solche Tumore gelten als besonders bösartig, da sie schnell und aggressiv wachsen und gesundes Hirngewebe zerstören. Es kann zu Problemen beim Sprechen kommen, auch Gleichgewichts- und Gangstörungen sind möglich.

 

„Den Ausdruck Fleck haben wir in der Familie benutzt – eine Art Synonym. Über die genaue Diagnose wurden aber weder unsere Söhne, noch die Familie, Freunde oder Kollegen informiert – es war nur: der Fleck“, sagt Timmy. „Er spielte Fußball beim SC Wiener Viktoria. Sport war ihm wichtig, und da ich selbst ins Fitness-Studio ging, war Faik auch besonders stolz auf seinen trainierten Vater.“

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Es folgte ein steter Wechsel zwischen Chemotherapien, stationären Aufenthalten und Phasen zu Hause. Faiks Kinderzimmer wurde komplett umgebaut, „sogar ein Spitalsbett wurde organisiert“ – doch dann begann Faik irgendwann zu schielen. Hilflos und nach Heilung suchend wurde alles probiert: „Auslandsreisen, Heiltherapien, wir haben sehr viel Geld gezahlt, nichts half.“

Das Kinderpalliativzentrum MOMO ermöglichte Faik, zu Hause betreut zu werden. „Eine wichtige Hilfe“, sagt Timmy. 2016 wurde Faik dann aufgrund anhaltender Beschwerden stationär aufgenommen. „Die letzten Tage werde ich nie vergessen. Er wusste, dass er gehen wird“, sagt Timmy, bevor seine Stimme wegbricht. Eine Überführung und das Begräbnis in Mazedonien folgten. „Hier besuche ich ihn, rede mit ihm, lache und weine. Er fehlt uns“, sagt Timmy.

„Jeder Besuch prägt mich. Ich freue mich, dass ich hier auf der Station willkommen bin. Das Personal und die Ärzte leisten Großartiges.“

Unbeschwerte Momente

Im selben Jahr 2016 fasst Timmy Mut und den Entschluss zu handeln. Er möchte den Kindern der Neuroonkologie-Station etwas geben. „Etwas Unbeschwertes, etwas Spaß, etwas, das sie sich wünschen“, sagt er. Seither spart Timmy sein jährliches Trinkgeld, das er als Installateur bekommt, und investiert es in Geschenke: „Stofftiere, Spiele, Kleidung“, selbst teure Geschenke wie Smartphones finden sich in Santa Timmys Geschenksack. „Jeder Besuch prägt mich. Ich freue mich, dass ich hier auf der Station willkommen bin. Das Personal und die Ärzte leisten Großartiges“, sagt Timmy, während er packt und sich verabschiedet, aber die Kinder wissen: Santa Timmy kommt wieder.

 

 

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