Kontakt
Redaktionsleiter / CvD

 

Mag. Lukas Cioni

Redaktionsleiter / Chef vom Dienst

miteinander-Magazin

Stephansplatz 6

1010 Wien

Tel.: +43 1 516 11-1500

 

Sie haben eine neue Adresse? Schreiben Sie uns hier oder rufen uns unter DW 1504 an.

 

Redaktion & Impressum

Themen & Schwerpunkte

Wie Rituale prägen

Einblicke und Beispiele

Sie begleiten unsere Leben, schaffen Kontinuität und Struktur. Wie unterschiedlich Rituale sein können und welchen Einfluss diese auf unseren Alltag haben zeigen drei Einblicke. Von Rainer MANZENREITER, Daniel SEPER, P. Aloysius M. ZIERL

 

miteinander 11-12/2023

miteinander-Magazin 11-12/23

An den Eckpunkten des Lebens

Von Rainer MANZENREITER

 

„Ich kann mich noch gut erinnern, wir haben im Michaelbeurerstüberl am Barbaratag, dem 4. Dezember, acht Leute wieder in die Kirche eingeführt“, freut sich P. Franz Lauterbacher. Jahre später, zum 50. Priesterjubiläum, habe er „noch so eine schrille Idee gehabt“ und ein Stück Kirche direkt in das Bräustüberl gebracht. Neben einer Statue, die Jesus als Hirten zeigt, empfing er nacheinander Katholiken, die mit dem Satz: „Guter Hirte, ich bin da und möchte wieder zurück in deinen Stall!“ und einem Handschlag des Paters wieder in die Kirche eintraten. „Fünf Meter weiter saß die Sekretärin, die alles zu Papier gebracht hat.“ Doch auch in einem Brauhaus ist ein Wiedereintritt nicht mit Spruch und Handschlag erledigt. „Das sind wirklich viele kleine Schritte und Gespräche“, ist sich der 74-Jährige bewusst.

 

Mittlerweile hat P. Franz über 170 Menschen zurück in die Kirche begleitet. Aber auch für Rituale wie Taufen und Hochzeiten war und ist er ein beliebter Ansprechpartner. Wobei besonders Taufen oft nicht ohne Schwierigkeiten ablaufen. Die erste Hürde sei meist, einen katholischen Paten zu finden, der noch nicht aus der Kirche ausgetreten ist. Dazu komme, dass auch die Eltern oft keine aktiven Kirchenmitglieder sind, worüber sich P. Franz nicht ohne Grund wundert: „Das Kind wollen sie in das Boot hereinholen und sie selbst sind die Freischwimmer links und rechts.“

 

Der gute Draht zu Gott hilft Lauterbacher dabei, eine gute Beziehung zu den Menschen aufzubauen. „Wir haben alle einen Draht! Bei manchen ist er halt sehr dünn und bei manchen muss man etwas nachflechten.“ Nicht nur das Ritual ist Lauterbacher so wichtig, sondern auch die Gemeinsamkeit und die großen Ereignisse, bei denen man als Priester dabei sein darf. Und Gemeinschaft und große Lebensereignisse werden sowohl in der Kirche als auch im Wirtshaus ums Eck gefeiert.

miteinander-Magazin 11-12/23

P. Franz Lauterbacher

war von 2008 bis 2023 Pfarrer von Mülln in Salzburg. Im Ruhestand kehrte er an seinen einstigen Studienort Sant’Anselmo in Rom zurück.


 

Von der Faszination freier Rituale

Von Daniel SEPER

 

Zum Schlafengehen gehört für viele Kinder das Ritual des Vorlesen einer Gute-Nacht-Geschichte genauso dazu wie für deren Eltern das abendliche Zähneputzen. Jeden Tag das gleiche Programm. Wenn Menschen miteinander Gottesdienst feiern, läuft auch das nach einer festgelegten Ordnung ab. Rituale, im privaten Leben wie im kirchlichen Kontext, geben Halt und wollen helfen. Manche empfinden die Regeln in der Liturgie aber auch als Einengung persönlicher Freiheit und Kreativität. Freie Ritualbegleitung verspricht authentische Begleitung in prägenden Situationen.

 

Als Antwort hat sich ein neuer Markt entwickelt: die sogenannte freie Ritualbegleitung, die all jenen ein Angebot bietet, die für bestimmte Situationen im Leben nach Ritualen verlangen, die sie in den traditionellen Gemeinschaften nicht finden. Meistens geht es um Übergänge im Leben von Menschen wie den Verlust eines Menschen, die Geburt eines Kindes oder den Beginn eines gemeinsamen Lebens, weiß die Theologin Teresa Schweighofer: „Rituale können hier Sicherheit vermitteln, da sie für Traditionen stehen und darauf verweisen, dass schon andere diese Situation gemeistert haben.“

 

Wunsch nach Authentizität

Während die geschichtlich gewachsenen kirchlichen Riten, die symbolisch aufgeladen und theologisch dicht sind, den Fokus stark auf die Gemeinschaft legen, „bestechen freie Rituale mit der großen Gestaltungsfreiheit, sowohl in inhaltlicher als auch in ästhetischer und organisatorischer Hinsicht. Sie versprechen eine größtmögliche Authentizität und Passung zum eigenen Leben und den eigenen Überzeugungen“, sagt Schweighofer. Und Authentizität und Selbstbestimmung sind heute eben gefragter als Tradition und Gemeinschaft. Freie Ritualbegleitung geht also zunächst von der Lebensrealität der Menschen und ihren Bedürfnissen aus, nichts anderes als die sogenannte Ritendiakonie in der Kirche.

 

"Die freien Ritualbegleiter waren selbst nicht nur manchmal im kirchlichen Bereich tätig, sondern sie bedienen sich oft auch etablierter Formen und Riten und gestalten diese kreativ weiter – nach dem „open source“-Prinzip", erklärt Schweighofer. So entstehen auch neue Rituale, etwa um die Zyklen der Natur zu feiern oder besondere Geburtstage zu markieren. Unverwechselbar oder beliebig? Neben den Feiern der Lebenswende als Alternative zu Firmung und Konfirmation verweist die Theologin auf Trennungs- bzw. Scheidungsrituale, die auch bei diesen Übergängen unterstützen möchten.

Dabei sind religiöse Rituale nicht einfach hübsche Zeremonien, sondern sprechen die Nähe Gottes zu. Eine kirchliche Trauung etwa ist nicht nur eine schöne Feier, sondern verspricht dem Paar Unterstützung und Beistand für die gemeinsame Zukunft – das kann man nicht sich selbst und auch kein anderer Mensch einem einfach geben. Es bleibt fraglich: Werfen private Rituale uns doch nur auf uns selbst zurück oder wirken sie über den Moment der Feier hinaus?

miteinander-Magazin 11-12/23

Prof. Teresa Schweighofer

Die 1983 in der Steiermark geborene Theologin ist Juniorprofessorin für Praktische Theologie an der Humboldt Universität zu Berlin. Sie forscht unter anderem zu freier Ritualbegleitung.


 

Nichts zwischen Gott und mir

Von P. Aloysius M. ZIERL

 

Im romanischen Langhaus von 1187 der Kirche von Heiligenkreuz steht unser Chorgestühl, in dem wir uns zwischen 5.15 Uhr und 20.15 Uhr zu bestimmten Zeiten zum gemeinsamen Chorgebet treffen, um Gott in der Weise des monastischen Chorgebets zu preisen. Wie am Bau, so wechseln sich auch für uns Gebet und andere Tätigkeiten ab: So strukturieren die sieben Gebetszeiten unseren Tag. Sie sind quasi die festen Säulen – und wir unterbrechen unser Gebet, um zu arbeiten, gemeinsam zu essen oder uns zu erholen.

Und diese Zeiten stehen fest: Da muss ich mir nicht eine Zeit im Trubel der Aufgaben und Alltäglichkeiten suchen, sondern ich weiß, dass es reservierte Zeiten gibt, die für Gott sind – und im Blick des stellvertretenden Gebets für die ganze Welt. Unser Beten soll ein Dienst für die ganze Welt sein: „Bittet und es wird euch gegeben …“ (Mt 7,7). Denn welcher Mensch außerhalb eines Klosters hat den Luxus, durchschnittlich dreieinhalb Stunden des Tages für das Gebet fest einplanen zu können? Es ist ein Luxus, den wir uns gönnen – weil Gott es wert ist. Deswegen treffen wir uns tagein, tagaus, sommers wie winters, um 5.15 Uhr (Vigilien, Laudes, Eucharistie) – 12.00 Uhr (Terz, Sext, Mittagessen, Non) – 18.00 Uhr (Vesper) und 19.50 Uhr (Komplet), um uns besonders auf Gott zu fixieren. Unser ganzes Leben, unser ganzer Tag soll unter Gottes liebendem Anblick geschehen, doch besonders bei den Gebetszeiten wollen wir mit offenem Herzen vor Gott stehen (vgl. Benediktsregel, Kap. 19).

Diese Ordnung mag einengend und bevormundend wirken, aber viel mehr entspannt sie den Tag und das Gebetsleben: weil ich schlichtweg nicht darüber nachdenken muss, wann ich die nächste Gebetszeit halte. Und es wird mit der Zeit ein modus vivendi, der in Fleisch und Blut übergeht.

Doch auch im Kloster kann es passieren, dass man Gott vergisst. Hierfür ist ein so strukturierter Tag hilfreich: um immer wieder daran erinnert zu werden, dass Gott das Zentrum meines Lebens sein soll. Nichts zwischen Gott und mir, aber Gott zwischen mir und allem.


miteinander-Magazin 11-12/23

P. Aloysius M. Zierl OCist

trat 2012 in das Stift Heiligenkreuz ein. 2017 legte er seine Feierliche Profess ab. Aktuell wirkt er im Noviziat mit, betreut das Stiftsarchiv und studiert in Wien Archivwissenschaften.

CANISIUSWERK
Zentrum für geistliche Berufe

Stephansplatz 6
1010 Wien

Telefon: +43 1 516 11 1500
E-Mail: office@canisius.at
Darstellung: