Mag. Lukas Cioni
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miteinander 7-8/2025
Kleider machen Leute. Menschen drücken mit ihrer Kleidung ihre Persönlichkeit aus. Dazu zählen Stile, Schnitte und eben auch Farben. Dass ein schwarzer Anzug für Trauer oder Eleganz steht und das weiße Hochzeitskleid für Reinheit ist noch relativ klar, aber wie schaut es mit dem restlichen Farbspektrum aus? Werden die Codes hinter den Farben heute überhaupt noch verstanden? Unsere neue Serie sucht nach den Bedeutungen der unterschiedlichen Farben in Geschichte und Gegenwart, im Christentum und darüber hinaus.
Sprechende Farben
In vielen Religionen dienen Farben der Kommunikation, unterschiedliche Farben sind mit Orten und Zeiten verbunden. Beim Eintritt in sakrale Räume oder dem Übergang in heilige Zeiten tragen Menschen Körperbemalungen, Kopfbedeckungen oder Gewänder in bestimmten Farben. Kolorierte Gewänder geben im religiösen wie profanen Bereich Auskunft über den Status des Trägers: Ein katholischer Bischof ist an seiner violetten Soutane zu erkennen, während in der Kampfkunst Träger des schwarzen Gürtels Angst einflößen können.
Die in der Natur vorkommenden Farben werden traditionell als von Gott geschaffene Grundfarben gesehen. In der Antike entwickelten sich zu Grün, Rot, Blau, Gelb/Gold, Schwarz und Weiß/Silber symbolische Deutungen, die zum Teil bis heute verbreitet sind. Schon die Schriften des Alten Testaments belegen eine jüdische Farbsymbolik, wenn etwa im Buch Exodus (Kapitel 27) die Gestaltung des Bundeszelts im Stil einer Bauanleitung bis ins Kleinste eben auch farbliche Detail geregelt ist. Im Folgekapitel des Zweiten biblisches Buches werden Hinweise für die Anfertigung der priesterlichen Gewänder gegeben, für die Gold, violetter und roter Purpur sowie Karmesin zu verwenden sind. Übernommen wurde dies im Zeremoniell des römischen und byzantinischen Kaiserhofes.
Spinat und Bier
Grün zum Beispiel wird als vorherrschende Farbe in der Natur mit Leben und Wachstum assoziiert. Als Farbe der Hoffnung steht sie für Neubeginn und somit auch für den zentralen Grund christlicher Hoffnung, die Auferstehung. In der katholischen Liturgie wird sie in der „Zeit im Jahreskreis“ verwendet, d. h. zwischen Ostern und Weihnachten, wenn keine hohen Feste und Feiertage sind. Der Gründonnerstag hat übrigens nichts mit der Farbe Grün zu tun (in der Kirche trägt der Priester Weiß), sondern kommt wohl vom mittelhochdeutschen „gronan“ für weinen, weil an diesem Tag in der frühen Kirche die weinenden Büßer wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wurden. Heute erinnert nur noch der Spinat daran.
Nicht weniger populär ist der St. Patricks Day am 17. März. Am Gedenktag des irischen Nationalheiligen wird nicht nur Bier grün gefärbt, sondern in den USA ganze Flüsse. Bei seiner Mission soll der um 461 in Irland gestorbene Bischof das auf der grünen Insel verbreitete Kleeblatt dazu verwendet haben, den Iren das Geheimnis der Dreifaltigkeit näherzubringen.
Grün ist überdies die Farbe des Islam, was sich in Moscheen, aber auch in den Flaggen vieler islamischer Staaten zeigt. In den Wüstenregionen steht sie für Vegetation und Leben sowie für das Paradies, der Prophet Mohammed soll sich grün gekleidet haben.
Dr. Daniel Seper
ist Professor für Religionspädagogik an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Niederösterreich und Redaktionsmitglied des miteinander-Magazins.