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Unsere Themen im Jahr 2015

Verantwortungsvoller Glaube

Wer verantwortungsvoll glaubt, muss einen Spagat zwischen der Bewahrung des Bestehenden und der radikalen Kritik an existierenden Ungerechtigkeiten wagen.

 

Verantwortung ist ein Lieblingswort von Ministern, Militärs und Managern, wenn sie harte

Entscheidungen treffen oder einschneidende Maßnahmen ergreifen müssen. Verantwortung wird oft als Gegenwort gegen die utopischen Flausen der „Gutmenschen“ in Stellung gebracht. Dem „Prinzip Hoffnung“ des linken Philosophen Ernst Bloch stellte der konservative Denker Hans Jonas das „Prinzip Verantwortung“ entgegen. Wer sich für das Große und Ganze zuständig weiß, posaunt gerne die schwerwiegende Last der eigenen Verantwortung heraus. Verantwortung wird beschworen, wenn es ernst wird bzw. wenn das eigene Handeln mit der Weihe einer geradezu heilsnotwendigen Unvermeidbarkeit ausgestattet werden soll.

 

Nicht beherrschen, sondern hüten

Schon im Begriff „Verantwortung“ steckt ganz offensichtlich das Wort „Antwort“. Wer Verantwortung übernimmt, antwortet auf einen Aufruf, eine Herausforderung, eine Chance oder einen Schrei. Biblisch-theologisch gesehen beinhaltet Verantwortung durchaus etwas Bewahrend-Konservatives. Es geht dabei darum, Gottes ebenso gute wie bedrohte Schöpfung angesichts überbordenden menschlichen Machtstrebens und Raubbaus, wirtschaftlicher Profitgier und rücksichtsloser Ausbeutung vor Verwüstung und Vernichtung zu bewahren. Ein verantwortungsvoller, nachhaltiger Umgang mit der Natur ist uns als göttlicher Schöpfungsauftrag gegeben und aufgegeben, da wir die Natur mitsamt ihren Kreaturen nicht beherrschen, sondern behüten und pflegen sollen.

 

Beistand für die Opfer

Betont der biblische Schöpfungsglaube die bewahrende Ausrichtung der persönlichen und vor allem der gemeinschaftlichen, gemeinsamen Verantwortung, so stellt die prophetische Botschaft Gottes Verheißung grundlegender Veränderung und das Verlangen nach umfassender Gerechtigkeit und Solidarität in den Mittelpunkt. Für die alttestamentliche Prophetie ist Verantwortung die Antwort auf erfahrene Not, erlittenes Unrecht, bedrückende Unterdrückung. Die prophetische Botschaft der Hoffnung richtet sich insbesondere an die Armen, an den Rand Gedrängten und Ausgeschlossenen. Sie klagt die dafür verantwortlichen Reichen und Mächtigen an und sie sagt den Opfern Gottes Beistand, Rechtshilfe und Gerechtigkeit zu. Der prophetische Veränderungsglaube steht zugleich für das Recht und die Zukunft der Armen ein, setzt auf Solidarität mit den Bedrängten und die nach Gottes Willen zu schaffenden, gottebenbildlichen Verhältnisse einer wechselseitigen Anerkennung aller.

 

Auf den Kopf gestellte Wirklichkeit

Bei Jesus von Nazareth wird zum einen der biblische Schöpfungsglaube aufgenommen und weitergeführt und zum anderen der prophetische Verheißungs- und Veränderungsglaube aktualisiert. In Jesu Naturgleichnissen und Vergleichen treten die wunderbare Vielfalt und die reichhaltigen Facetten der Schöpfung bildreich zutage. Bei ihm wird die prophetische Verheißung auf das nahegekommene Reich Gottes hin zugespitzt, das in Jesu Person und seiner solidarischen, Heil schaffenden, Ausgrenzung aufhebenden und Gemeinschaft stiftenden Praxis bereits angebrochen ist. Dieses vorerst noch unscheinbare Reich Gottes aber wird die Wirklichkeit auf den Kopf stellen.

 

Der von einer jüdischen Mutter in prekären Verhältnissen unter erbärmlichen Bedingungen als Jude geborene Jesus, den zunächst die Hirten auf dem Felde als den „Retter“ und „Messias Israels“ verkündet bekamen, hat Männer und Frauen verschiedener Herkunft in seine Nachfolge berufen. Jesu Jüngerinnen und Jünger sind ihm nachgefolgt und haben in ihm den Gesandten Gottes erkannt. Nach seiner Hinrichtung haben sie ihn als lebendig bezeugt und als von Gott endgültig bestätigt und gerettet bekannt. In Jesu Nachfolge sind Christinnen und Christen aufgerufen und berufen, heute verantwortungsvoll zu glauben und zu leben. Verantwortungsvoller Glaube bedeutet, Gottes gute Schöpfung wahrzunehmen und für sie einzutreten, das Seufzen der Kreatur und den Schrei der Armen zu hören, auf das Leiden der Marginalisierten und Ausgeschlossenen durch solidarisches Teilen und mitleidende Anteilnahme zu antworten.

 

Wachsame und mutige Menschen

Verantwortungsvoller Glaube beinhaltet, dem Rassismus und Sexismus, der Fremdenfeindlichkeit und der Ausgrenzung, der Exklusion wie der Exkommunikation zu widerstehen und den Mund aufzumachen gegen Unrecht und Ausgrenzung in Kirche und Gesellschaft.

 

Verantwortungsvoller Glaube braucht wache und mutige Menschen sowie Gemeinschaften, die in den Spuren der Prophetie und der Person und Praxis Jesu alle Formen von Machtmissbrauch, Korruption, schamloser Bereicherung und Verschwendung kritisieren und auf die Zusage des Reiches Gottes für alle und Gottes schöpferisches, befreiendes und rettendes Handeln insistieren. Verantwortungsvoller Glaube beteiligt sich an den kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Debatten um die grundlegenden Fragen menschlichen Lebens, um die Hoffnungen, Ängste und Nöte der Menschen und ein gerechtes, menschenwürdiges, solidarisches, nachhaltiges Leben und Zusammenleben.

 

Verantwortungsvoller Glaube bewegt dazu, der prophetisch-jesuanischen Verheißung zu vertrauen und sich persönlich, kirchlich, gesellschaftlich und politisch für eine gemeinsame Zukunft zur Bewahrung der Schöpfung und zur Verbreitung von Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Frieden zu engagieren.

 

 

Edmund Arens

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