Mag. Lukas Cioni
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miteinander-Magazin
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„Freu dich Erd’ und Sternenzelt, Gottes Sohn kam in die Welt.“ Das singt man so fröhlich, obwohl wir nicht aus dem Staunen herauskommen sollten. Eigentlich hätte es anders sein müssen. Jesus Christus hätte diese verrückte Welt vor sich zitieren und nach einer gerichtlichen Verhandlung gewaltig verurteilen müssen. Das Umgekehrte geschieht. Er kommt zur Welt, genau gesagt: zu uns.
Nun gibt es nur eine einzige Art, in diese Welt zu kommen. Man muss geboren werden, die Umstände können sehr verschieden sein. Jesus wählt nicht eine Luxus-Geburtsklinik, sondern Bethlehem. Die Stadt ist bis heute kein Kurort. Die Krippe war schon gar nicht der Ort, an dem man nach heutigen Vorstellungen hätte gut geboren werden können. Sie war eine Mischung aus Höhle und Bretterschuppen. Jesus erblickte das Licht der Welt. Aber er sah von dieser Welt als Erstes nicht den herrlichen Himmel mit güldenen Sternen, sondern die schmutzigen Balken der Stalldecke. Er hörte nicht den Klang der Brucknerorgel im Alten Dom zu Linz, sondern das Meckern einer nervösen Ziege. Jesus roch nicht köstlichen Weihrauch, sondern alle Gerüche eines mit lebendigen Tieren gefüllten Stalles. Das Begrüßungskomitee war nicht das Domkapitel, sondern eine Hand voll Leute vom Feld.
Das hat es uns als Kindern so leicht gemacht, ohne Scheu und ohne Angst an die Krippe zu gehen. Man konnte auch mit ungewaschenem Hals und mit laufender Nase an der Krippe stehen. Man musste kein Engel sein. So etwas sollten wir als Erwachsene nicht vergessen. Die Bibel erzählt von Engeln draußen bei den Hirten. Aber von Engeln bei der Krippe sagt sie nichts. Schafe sind zu sehen, ein Ochs und ein Esel, dazu dann ein Kamel. Wenn die da sind, werde ich wohl auch an der Krippe stehen dürfen.
Klaus Weyers