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Unsere Themen im Jahr 2015

Unterwegs vom Saulus zum Paulus?

Im miteinander-Gespräch zeigt der CSR-Fachmann Andreas Schneider u. a. auf, was auch die Kirche von verantwortungsvollem wirtschaftlichen Handeln lernen kann.

 

Nachhaltigkeit ist nicht erst seit der jüngsten Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus

auch kirchlicherseits zu einem großen Thema geworden. Welchen Stellenwert räumen

Wirtschaftsbetriebe in Österreich dem Thema ein?

Der Stellenwert wird auch in Österreich immer größer, in den letzten Jahren eher durch Einflüsse von außen, weniger bedingt durch österreichische Aktivitäten. Die EU spielt hier sicherlich eine wichtige Rolle mit ihren Mitteilungen – wie zuletzt vom 25. Oktober 2011, wo nationale Aktionspläne von den Mitgliedsstaaten gefordert wurden. Viele Staaten haben das umgesetzt; in Österreich ist es leider zu keinem Aktionsplan gekommen. Ebenso hat die Richtlinie zur verpflichtenden Berichterstattung für große Unternehmen – die es in Österreich ebenfalls im Rahmen einer zweijährigen Übergangsfrist bis Dezember 2016 umzusetzen gilt – hier neuen Schwung auch in die österreichische Unternehmenslandschaft gebracht.

 

Internationale Standards wie die ISO 26000 oder die Global Reporting-Initiative mit neuen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung – Stichwort GRI 4 – haben ebenso für frischen Wind bei Nachhaltigkeitsprozessen in vielen heimischen Unternehmen gesorgt. Nicht zuletzt wird CSR im internationalen Waren- und Dienstleistungsverkehr von vielen international orientierten Unternehmen gefordert und ist in vielen Mitgliedsstaaten auch bei Ausschreibungen bzw. bei börsennotierten Unternehmen u. a. bei Investments von entscheidender Bedeutung.

 

Sie behandeln das Thema in Ihrer Arbeit und Ihren Büchern unter dem Stichwort CSR: Inwiefern geht CSR über bloße Nachhaltigkeit hinaus? Welchen Mehrwert bietet der Begriff? CSR lässt sich vereinfacht als „unternehmerische Nachhaltigkeit“ darstellen, die nicht nur den ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit – aus der ja die Begrifflichkeit vor 300 Jahren entstanden ist –, sondern auch den gesellschaftlichen und ökonomischen Aspekt der Nachhaltigkeit umfasst. Plakativ ist CSR der über gesetzliche Verpflichtungen hinausgehende Beitrag der Unternehmen zu einer nachhaltigen Entwicklung. Nachhaltigkeit kann ja auch verordnet werden, beispielsweise durch Umwelt-, Sozial- bzw. Antikorruptionsgesetze. Das ist aber eine verordnete Nachhaltigkeit, ohne Handlungs- und Gestaltungsspielraum der Unternehmen. CSR versteht es, den über Gesetze hinausgehenden Spielraum optimal im Sinne der jeweils betroffenen Stakeholder – zum (oft) wechselseitigen Nutzen und Mehrwert – zu nutzen.

 

Genügt es im Blick auf Umweltzerstörung und wachsende prekäre Arbeitsverhältnisse, CSR im Bereich der Freiwilligkeit bzw. Selbstverpflichtung zu belassen oder bedürfte es hier auch klarer Vorgaben durch den Gesetzgeber?

Wie erwähnt, ist CSR der Handlungsspielraum, den der Gesetzgeber über Gesetze hinausgehend den Unternehmen überlässt. In Europa sind viele ökologische und soziale Standards in Gesetzen festgeschrieben – teilweise auch Gesetze, die nicht nachhaltig sind. Umweltgesetze, Arbeitsschutzgesetze etc. sind klarerweise einzuhalten. CSR geht über diese Standards hinaus und soll unternehmerische Innovation im Bereich des Sozialen, der Umwelt, der Gesellschaft fördern. Damit entstehen Produkte und Dienstleistungen, die niemals – zumindest nicht für alle Unternehmen – verordnet werden können: Soziale und nachhaltige Innovation nahe an den Bedürfnissen der Stakeholder und in den Unternehmensprozessen. Dazu braucht es auch die Freiheit des Unternehmens, diesen Spielraum auszunutzen und eine „Win-Win-Win-Situation“ von gesellschaftlichem, ökologischem und wirtschaftlichem Mehrwert zu erzeugen – auch wenn sich damit zwangsweise eine Abwägung von Werten ergibt.

 

Gerade bei Wirtschaftsunternehmen, die nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung wirtschaften (müssen), kann man den Eindruck gewinnen, dass CSR eine Marketing-Form ist, nach dem Motto: Nachhaltigkeit ist chic. Täuscht dieser Eindruck?

Wenn CSR lediglich zur Marketingmasche verkommt, ist sie in sich nicht nachhaltig und dieses sogenannte „greenwashing“ entlarvt sich von selbst und wirkt sich langfristig sehr schädlich für den Ruf eines Unternehmens aus. Selbst wenn sich der Saulus zum Paulus wandelt, wird es an Glaubwürdigkeit vieler Stakeholder – sowohl der internen Stakeholder wie den Mitarbeitern oder Zulieferern als auch der externen Stakeholder wie den zunehmend kritischer werden- den Konsumenten – mangeln. CSR muss den Kern eines Unternehmens treffen und sozusagen in dessen DNA, in Prozesse und Strukturen integriert werden, will es nachhaltig wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen bringen. Ein grüner Anstrich der Oberfläche, eine Imagepolitur ist schnell durchschaut und schadet mehr als sie nützt.

 

Welche Tipps können Sie der Kirche – die ja auch Wirtschaftsunternehmen ist – geben, um sich des Themas CSR sinnvoll anzunehmen? Oder sehen Sie bei der Kirche bereits wichtige CSR-Elemente umgesetzt?

Die Kirche selbst hat in Grundzügen sicherlich viele CSR-Elemente aufzuweisen. Diese

Bausteine sind jedoch noch nicht zu einem ganzheitlichen CSR-Konzept verknüpft worden

und es ist auch noch kein daraus resultierender Nachhaltigkeits-CSR-Prozess auf den Weg gebracht worden. Ethische Fragen, die ja in der Kirche ihre Grundlage haben, haben das CSR-Konzept durchaus beeinflusst und wären eine weitere Grundlage. CSR geht jedoch darüber hinaus und bringt zweifellos auch der Kirche neue Erkenntnisse, Standpunkte, Ansichten und Einblicke in Bezug auf Stakeholder, aber auch auf soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte ihrer – nicht nur unternehmerischen – Tätigkeit. CSR erzeugt zwangsweise ein ganzheitlicheres Denken und bringt neue Erkenntnisse.

 

Das Interview führte Henning Klingen

 

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